Hardware

Anleitung: SSH-Zugriff auf dem Kindle einrichten

Nachdem Ihr dem Kindle einen Jailbreak verpasst habt, solltet Ihr als nächstes für SSH-Zugang sorgen – erst dann steht der Kindle wirklich als Spielplatz zur Verfügung. Das Setup ist das alte: Windows 7 und Kindle 4 mit Version 4.1.1.1 (das ist der Kindle ohne Tastatur, ohne Touch) und eben gejailbreakt. Das Prinzip: Der Kindle verfügt über ein Tool (den Treiber usbnet), um Ethernet über USB (statt über LAN) zu nutzen und nach dessen Aktivierung, steht Euch der SSH-Zugang zur Verfügung – wahlweise über USB (was hier nicht klappt, scheinbar aber anderswo) oder über WLAN. Für den Zugriff benötigt Ihr das Open-Source-Programm Putty, das später zum Einsatz kommt. Und jetzt wieder Schritt für Schritt durch die Einrichtung:

1. USBnet-Dateien kopieren

Besorgt Euch von mobileread.com die Datei „kindle-usbnetwork-0.54.N-k4.rar“ (gegebenenfalls eine neuere Version) und kopiert die enthaltene „Update_usbnetwork-0.54.N_k4_install.bin“ in das Hauptverzeichnis des Kindle und entfernt den Kindle dann.

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Das Archiv mit den usbnetwork-Dateien.

2. Installieren = Aktualisieren

Über Menü/Einstellungen und dann Menü/Kindle aktualisieren installiert Ihr dann die eben kopierte BIN-Datei – die Standardvorgehensweise.

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BIN-Dateien werden einfach per Update installiert.

3. Config anpassen

Stöpselt den Kindle anschließend wieder an. Jetzt müsst Ihr ein paar Änderungen an der Konfigurationsdatei „config“ vornehmen, die Ihr unter src/usbnet/etc findet. Und jetz

gaaaanz wichtig:

Windows und Linux nutzen unterschiedliche Zeilenumbrüche und es müssen Linux-Umbrüche sein. Nutzt dafür unter Windows bitte Notepad++ und lasst Euch über „Ansicht/Nicht druckbare Zeichen/Zeilenende anzeigen“ die Steuerzeichen für die Umbrüche anzeigen. Achtet darauf, keine Umbrüche einzufügen – LF für Linefeed ist gut, LF+CR für Linefeed + Carriage Return ist schlecht. Läuft hier was falsch, funktioniert es nicht! Folgende Anpassungen solltet Ihr vornehmen:

K3_WIFI=“true“

statt „false“, um nicht nur via USB, sondern auch über WLAN per SSH zugreifen zu können.

USE_VOLUMD=“true“

  • sollte Voreinstellung sein, aber für alle Fälle sei es erwähnt, da die Einstellung beim Kindle 4 angeraten wird.

Wichtig: Notiert Euch die IP-Vorgaben für Kindle und Host:
HOST_IP=192.168.15.201
KINDLE_IP=192.168.15.244
Diese Daten bleiben so – egal, wie Euer Netzwerk aussieht. Diese IPs dienen dem SSH-via-USB-Zugriff.

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Die IPs sind fix! WLAN-Zugriff solltet Ihr aktivieren.

4. Debug-Modus und USB-Netzwerk aufsetzen

Entfernt den Kindle wieder vom Rechner und gebt über die Virtuelle Tastatur „;debugOn“ (ohne Anführungszeichen) ein, um den Debug-Modus zu aktivieren und Befehle absetzen zu können. Um das USB-Netzwerk zu aktiviren, tippt Ihr „~usbNetwork“. Bestätigt wird jeweils über einen Klick auf „Meine Inhalte“. Anschließend könnt Ihr den Debug-Modus mit „;debugOff“ wieder ausschalten.

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Lästige Tipperei: Über die virtuelle Tastatur könnt Ihr Befehle absetzten.

5. USB-Verbindung: Kindle unter Windows als Netzwerkadapter

Schließt den Kindle wieder an. Windows wird diesen jetzt nicht mehr als Massenspeicher erkennen, sondern als Netzwerkadapter. Sofern Windows probleme bei der automatischen Erkennung und Treiberinstallation hat (so auch hier), ladet die Treiberdatei von mobileread.com herunter und gebt diese bei der Installation manuell an. Die inf-Datei heißt auf der Website übrigens Linux.inf, das hat aber nichts zu bedeuten. Naturgemäß ruft dieser nicht signierte Treiber eine Warnmeldung hervor, die Ihr ignoriert – wenn Euch das Sorgen macht, seid Ihr hier grundsätzlich falsch …

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Das Kindle als Netzwerkadapter unter Windows 7.

6. USB-Verbindung: Netzwerkadapter anpassen

Öffnet nund „Systemsteuerung/Netzwerk- und Freigabecenter/Adaptereinstellungen“. Hier findet Ihr nun einen neuen Adapter, tendenziell mit dem Namen „Linux USB Ethernet/RNDIS Gadget“. Öffnet dessen Eigenschaften und tragt bei den Einstellungen für „Internetprotokoll Version 4 (TCP/IPv4)“ die obige Host-IP

192.168.15.201

und als Subnetzmaske

255.255.255.0

ein. Bei unserem Setup lässt sich nun leider der Adapter partout nicht aktivieren und der SSH-via-USB-Zugriff funktioniert nicht – das kann bei Euch aber durchaus anders sein, zumindest berichten andere Nutzer von Erfolgen. Der nächste Schritt, die Verbindung via Putty, bleibt dennoch derselbe, nur dass Ihr die obige fixe Kindle-4-IP 192.168.15.244 statt der IP aus Eurem LAN adressiert.

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Will nicht: USB-Ethernet-Zugriff will hier nicht laufen, vermutlich ob des nicht aktivierbaren Adapters.

7. Verbindung über WLAN und Putty herstellen

Sofern Ihr es via SSH-via-USB-Zugriff versuchen wollt, bleibt der Kindle natürlich am Kabel, ansonsten könnt Ihr ihn natürlich auch entfernen. Ruft nun Putty auf und gebt die IP-Adresse des Kindle in Eurem WLAN ein. Die Kindle-IP findet Ihr über den Router oder das 711-Menü am Kindle heraus: Öffnet die Einstellungen und drückt dann die rechte große Vorwärtsblättern-Taste bei gedrückt gehaltener Tastatur-Taste. Gebt als Verbindung SSH an und schon sollte sich eine SSH-Verbindung aufbauen.

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Allzweckwaffe: Mit Putty stellt Ihr die SSH-Verbindung her – hier per WLAN mit der echten Kindle-IP in Eurem LAN.

8. SSH-Zugriff auf dem Kindle: Anmelden!

Jetzt wird’s lustig: Als Nutzernamen wählt Ihr hier root. Das Passwort müsst Ihr erst noch herausfinden: Im Amazon Kindle root password tool, könnt Ihr Eure Kindle-Seriennummer (Einstellungen/Geräteinfo) eingeben und das Tool spuckt drei mögliche Passwörter aus – und eines stimmt, probiert also einfach durch. Groß-/Kleinschreibung beachten! Und das war es auch schon, Ihr seit jetzt root/Admin auf Eurem Kindle – am besten wechselt Ihr zunächst ins Hauptverzeichnis (cd /) und schaut Euch dann etwas um. Und falls Ihr Euch mit Linux gar nicht auskennt: Dateien listet Ihr mit dem Befehl ls (unter Windows dir) auf, Ordner wechselt Ihr mit cd, Hilfe gibt es meist mit dem Aufruf „tool-abc –help“ und Programme findet Ihr unter anderem im Verzeichnis /bin.
´

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Na bitte, root.

Und wie immer bei derartigen Themen der Warnhinweis: Es besteht immer die Möglichkeit, dass derlei Hacks schief gehen und das Gerät im schlimmsten Fall „gebrickt“ wird – sprich nichts geht mehr. Natürlich lassen sich Kindles, die sich in Mauersteine (eben bricks) verwandelt haben auch wieder debricken – was insbesondere beim Jailbreak seltenst der Fall sein dürfte. Und dass Hersteller und Nutzungsbedingungen mit sowas nicht immer einverstanden sind, versteht sich wohl von selbst – auch wenn seltenst jemand dagegen vorgeht.

Übrigens: Auch ohne Jailbreak oder SSH-Zugang kann der Kindle mehr als man auf den ersten Blick meint, etwa täglich automatisch Tageszeitungen besorgen oder Bücher aus beliebigen Quellen wiedergeben.

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

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