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Test: Logitech Group – Videokonferenzen in großen Räumen

Die erste Kamera im Logitech-Paket, die mobile ConferenceCam Connect für gut 400 Euro, konnte wirklich begeistern – gute Qualität, gutes Design, clevere Features. Das erhöht den Erwartungsdruck beim Test des größeren Modells: Die Logitech Group ist als stationäres System für mittlere bis große Konferenzräume mit bis zu 14 Personen konzipiert. Für die Kamera werden rund 1.000 Euro fällig – die aber weniger Begeisterung erzeugen.

Was kann die Logitech Group?

Das Group-System besteht aus einer Kamera, einer Basisstation mit Lautsprecher und Bedienelementen sowie einem zentralen Kabel-Verteiler, der auch das Stromkabel aufnimmt. Dank langer Kabel lässt sich das Gerät schon mal hervorragend aufstellen. Die Full-HD-Kamera lässt sich per Fernbedienung schwenken, kippen und zoomen – die Positionen lassen sich ganz einfach als bis zu fünf Voreinstellungen speichern, so dass beispielsweise ganz fix auf einzelne Redner gewechselt werden kann. Optionale Zusatzmikrofone erweitern das System für insgesamt 20 Konferenzteilnehmer, wofür nochmal rund 200 Euro anfallen. Als Zubehör ist bereits eine Vorrichtung zur Wandmontage enthalten, mit der sich die Kamera aber auch auf dem Tisch leicht erhöht platzieren lässt. Fast schon obligatorisch dient das Gerät auch als Bluetooth-Freisprecheinrichtung.

Softwareseitig wird die Kamera schlicht als Webcam erkannt und dürfte so mit den meisten Systemen funktionieren, für Lync/Skype for Business gibt es auch Plug-ins zur Steuerung der Kamera. Ansonsten führt Logitech explizit auf: Adobe Connect, Avaya, Blue Jeans, BroadSoft, Cisco Jabber und WebEx, Citrix GoToMeeting, LifeSize Connections, Apple FaceTime, Google Hangouts und Chat, Microsoft Lync, Skype for Business, Skype, Office 365, Vidyo und Zoom.

Von Logitech-Seite aus sieht es genauso aus wie bei der ConferenceCam Connect: Handbücher, Firmware Updater sowie die Tools zum Einstellen und Testen der Kamera finden sich auf der Homepage – bei einem dermaßen hochwertigen Produkt könnte man hier durchaus ein wenig mehr erwarten. Mehr Führung, mehr Software, einfach ein wenig mehr – auch wenn das nach der ersten Einrichtung kaum noch relevant ist.

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Gutes Objektiv mit optischem Zoom.

Design und Verarbeitung

Das Design ist Business-typisch schlicht und edel – hier gibt es im Grunde nichts zu meckern. Nun, fast: Fernbedienung und Kamerafuß sind aus diesem schönen, matten Kunststoff gefertigt, der sich gut anfühlt, gut aussieht und schon bei der ersten Berührung fleckig wird. Bei unserem Testgerät zeigt der Fuß schon beim Auspacken reichlich Oberflächenfehler – die natürlich auch von vorherigen Tests rühren können. Wirklich wichtig mag das nicht sein, aber wer möchte schon, dass seine neue 1.000-Euro-Kamera ab dem zweiten Tag „siffig“ aussieht?

Davon abgesehen ist die Verarbeitung hervorragend, insbesondere die schwere Basisstation samt Info-Display kann überzeugen. Vor allem stimmen hier Kleinigkeiten wie Kabellängen und -führungen, um sich nahtlos in einen Konferenzraum einzufügen.

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Fernbedienung und Kamerafuß werden leider schnell fleckig.

Die Praxis

Das System ließ sich im Test problemlos einrichten, Plug&Play funktioniert tadellos und sowohl Skype als auch VLC, Jitsi und Dorgem verarbeiten den Stream ohne Murren. Richtig Spaß macht tatsächlich der Umgang mit der Kamera: Über das Schwenken deckt sie einen Winkel von 260 Grad ab, über das Kippen 130 Grad und das ganze in sehr ordentlicher Geschwindigkeit, was auch für den (nicht ganz) verlustfreien 10-fach-Zoom gilt. Hält man eine der Voreinstellungstasten ein paar Sekunden gedrückt, wird die Position gespeichert. Dank fünf solcher „Kurzwahltasten“ lassen sich flexibel und schnell unterschiedliche Redner, Produkte oder Whiteboards ins Bild holen. Und über den Ton muss sich hier, wie schon bei der ConferenceCam Connect, niemend auch nur einen Gedanken machen: Der Lautsprecher erzeugt absolut klare Sprachausgabe und das Mikrofon scheint kaum einen Unterschied zu machen, ob man daneben oder fünf Meter entfernt sitzt. Rauschen, Echos oder Artefakte sucht man hier vergebens.

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Schwieriges Licht: Die Kiste ist im direkten Sonnenlicht leicht übersteuert, rechts im Hintergrund ist es recht dunkel – aber ich selbst bin so gut abgelichtet, wie es das Motiv eben hergibt.

Ein kleines Häkchen gibt es aber. Dass der Zoom auf höchster Stufe nicht wirklich verlustfrei erscheint – geschenkt, war zu erwarten. Zumal der Zoom insgesamt immer noch sehr gut ist. Leider ist das Bild für diese Preisklasse nicht immer das, was man erwartet. Bei perfekten Bedingungen, also einem gut ausgeleuchteten Konferenzraum, und einem „normalen“ Betrieb, sprich wenig Zoom, Teilnehmer in der Totalen, liefert die Group durchaus ein sehr gutes Bild, das Welten von einer normalen Webcam entfernt ist. Unten im Bild seht Ihr den Vergleich mit einer 50-Euro-Logitech-C525-720p-Webcam. Wenn das Licht aber schlechter ist, leidet auch das Bild ganz ordentlich. Dabei müssen wir bei unserem Testgerät bei vielen Zoom-Stufen recht deutliche Unschärfen beobachten. Diese traten weder ohne noch mit maximalem Zoom auf, dazwischen war es aber nicht möglich, ein drei Meter entferntes Whiteboard scharf zu bekommen. Bei besseren Lichtverhältnissen – indirekter Tageslichteinfall – ließ sich dann aber wieder lückenlos ohne Schärfeverlust zoomen.

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Welten: Links die Group, rechts die C252 – Profi vs. Amateur

Ein letzter Hinweis zur Bildqualität muss natürlich sein: Auch wenn es sich hier um den Preis einer Spiegelreflexkamera handelt, ist es immer noch eine Webcam – eine sehr gute, aber die Abbildungsqualität einer echten Fotolinse ist natürlich nicht ansatzweise in Reichweite.

Fazit

Verarbeitung, Design, Bild- und insbesondere Tonqualität überzeugen und genügen für professionelle Videokonferenzen auch in größeren Besprechungsräumen. Wer ständig mit der ganzen Mannschaft ausufernde Konferenzen abhält, wird vermutlich einige Tausend Euro mehr investieren wollen und müssen, für alle anderen ist das System eine recht kostengünstige Lösung, um einen Konferenzraum schnell und problemlos aufzuwerten. Die einzigen wirkliche Abstriche muss man bei der Bildqualität bei schlechten Lichtverhältnissen machen – was bei dem Einsatzzweck in der Regel nicht sonderlich relevant sein dürfte. Dennoch sollte man die Kamera umgehend am gewünschten Einsatzort testen und mit unterschiedlichen Lichtverhältnissen spielen, Stichwort Tageszeit, um nicht böse überrascht zu werden, wenn die Sonne mal tief steht.

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Whiteboard, 3 Meter entfernt, Tageslicht, rund 80 Prozent Zoom.

Wirkliche Begeisterung löst bei der Logitech Group allerdings lediglich die Kamerasteuerung aus, die einen riesigen Bereich abdeckt und dabei erstaunlich flott ist. Die halb so teure ConferenceCam Connect punktete mit dem mobilen Konzept, perfektem Design und vor allem dem tollen Miracast-Feature. Bezüglich Bildqualität und Bewegungsspielraum der Kamera kann sie mit der großen Group aber absolut nicht mithalten. Für kleinere Mittelständler, Agenturen, Arbeitsgruppen oder Schulklassen bekommt die Logitech Group definitiv eine Kaufempfehlung.

Der UVP liegt übrigens bei stolzen 1.199 Euro – beziehungsweise 999 USD! Der Straßenpreis liegt derzeit bei etwa 923 Euro bei Amazon.

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

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