Linux & Co.

Ubuntu Server: Ganze Festplatte nutzen

Nach der Installation von Ubuntu Server ist manch einer böse überrascht: Nur der halbe Speicherplatz ist da

Canonical macht bei Ubuntu in der Server-Version eine zwar ganz clevere, aber auch ziemlich fragwürdige Ansage: Nach der Installation steht nur die halbe Festplatte zur Verfügung, die andere Hälfte liegt brach – und als Nutzer bekommt man davon tendenziell erst etwas mit, wenn tatsächlich Speicherplatz fehlt. Profis mögen diese Flexibilität gutheißen, wer daheim einen Medienserver oder Ähnliches aufsetzt dürfte es hassen. So oder so: Es ist unüblich, im Usability-Jargon „nicht erwartungskonform“. Erfreulicherweise lässt sich das aber schnell korrigieren.

Zunächst mal ganz kurz und oberflächlich zum Hintergrund: Unter Ubuntu werden keine klassischen Partitionen genutzt, sondern logische Volumes (im Folgenden einfach Volumes), verwaltet über den Logical Volume Manager (LVM). Partitionen (im LVM-Kontext: Physical Volume) sind schlicht bestimmte physische Bereiche der Hardware, Volumes sind logisch definierte Bereiche. Volumes sind deutlich flexibler. Sie können zum Beispiel über mehrere Festplatten definiert oder mal eben verkleinert werden – bei Partitionen müssten dann gegebenenfalls etliche Daten neu geschrieben werden, was schnell mal ein, zwei Stündchen dauern kann. Zudem lassen sich Volumes manipulieren, während sie aktiv genutzt werden! Will man die Partition des Betriebssystems ändern, muss man für viele Operationen von einem separaten Datenträger booten. Andere Partitionen müssen zumindest ausgehängt werden. Ansonsten verhalten sich Volumes weitestgehend wie Partitionen auch, im Arbeitsalltag merkt man da keinen Unterschied.

Volumes sind also flexibler. Also denk man bei Ubuntu: Betriebssystem und Programme benötigen eigentlich nicht so viel Platz, wie eine moderne Festplatte zur Verfügung stellt. Und im Zweifel ist es immer einfacher, ein Volume (auch eine Partition) zu vergrößern als zu verkleinern. Also warum nicht einfach Ubuntu nur auf einem kleineren Volume installieren – kann der Nutzer ja ändern, wenn es nicht gefällt. Cleverer Ansatz, durchaus. Nur leider ist das dermaßen unüblich, dass kein Schwein damit rechnet … Nicht, dass Ubuntu Server beim Anmelden im Terminal nicht auch den vorhandenen Speicherplatz anzeigen würde, aber wer vergleicht schon nach einer Betriebssysteminstallation sofort, ob auch die ganze Festplatte zur Verfügung steht? Ein bunter, riesiger, blinkender Text, unterlegt mit lauten Pieptönen – das wäre ein angemessener Hinweis.

Ganze Platte nutzen

Hier seht Ihr nun in aller Kürze, wie Ihr das Standard-Volume von Ubuntu Server auf die ganze Festplatte legt. Ausgangssituation ist eine Installation mit Standardeinstellungen. Neben den Volumes müsst Ihr noch etwas kennen: Volume Groups. Volumes sind unter Ubuntu in Volume-Gruppen organisiert und standardmäßig habt Ihr das logische Volume ubuntu-lv in der Volume-Gruppe ubuntu-vg.

Lasst Euch zunächst die Informationen zur Volume-Gruppe anzeigen:

vgdisplay

Ganz unten in der Ausgabe seht Ihr dann zwei Zeilen dieser Art:

Alloc PE / Size       14879 / 28.12 GiB
Free  PE / Size       14878 / 30.00 GiB

Bei Alloc (allocated) steht, wie viel Speicher in der Gruppe bereits zugeordnet wurde, bei Free, wie viel Platz noch zugeordnet werden kann.

Schaut nun in die Informationen zum Volume selbst:

lvdisplay

Hier bekommt Ihr unter anderem folgende Ausgabe:

LV Size                28.12 GiB

Da es nur ein Volume gibt, entspricht es natürlich der Größe des kompletten in der Volum-Gruppe vergebenen Platzes.

Bislang ist noch nichts passiert, aber bevor Ihr an Volumes herumschraubt, solltet Ihr gründlich prüfen! Und nach Möglichkeit würden sich auch Backups empfehlen. Die eigentliche Änderung geschieht nun in zwei Schritten: Zunächst wird das Volume um 100 Prozent des verfügbaren Platzes vergrößert:

lvextend -l +100%FREE /dev/ubuntu-vg/ubuntu-lv

Im zweiten Schritt muss nun aber auch noch das Dateisystem auf die neue Volume-Größe gezogen werden:

resize2fs /dev/mapper/ubuntu--vg-ubuntu--lv

Und das war es auch schon, nun steht Euch die ganze Festplatte in einer einzigen Partition – sorry, einem einzigen Volume zur Verfügung ;) Ob das nun wirklich sinnvoll ist, ist eine ganz andere Frage. Eigentlich muss das Volume für Betriebssystem und installierte Programme insbesondere auf einem Server keine 60 Gigabyte groß sein, geschweige denn mehrere Terabyte. Besser wären hier ein paar Dutzend Gigabyte und weitere Volumes oder Volume-Gruppen für Nutzerdaten, Backups, Medien und so weiter.

Apropos Canonical und Ubuntu: Mit Multipass gibt es ein wirklich tolles Spielzeug dazu!

P.S.: Bevor sich ein Pedant übergangen fühlt: Die Unterscheidung Partition vs. Volume ist technisch so nicht unbedingt völlig korrekt, Canonical etwa nennt Volumes gerne auch Partitionen. Es geht schlicht um den Unterschied klassischer Partitionen, verwaltet mit vor allem Gparted, auf der einen Seite und modernen Partitionen in Form logischer Volumes über den Logical Volume Manager. Auf menschensprachlicher Ebene ist es aber einfacher, den alten Kram Partition zu nennen und den neuen heißen Scheiss Volume.

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

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