GamingMeinung

Warum Blizzard mich nicht als Kunden will und Diablo 3 in 20 Minuten durch ist

Ich mag Technik. Technik hasst mich. War schon immer so, selbst meine Fernseher stürzen gelegentlich ab. Da mein gestriger Blizzard-Einkauf nicht nur wieder diese perfide Abneigung gegen mich auf den Plan brachte, sondern heute ein kleiner Ätschibätsch-Twist (danke Viva) zur Krönung angetreten ist, hier ein Auszug aus einem typischen Computer-Leben des Mirco, auch Life of Cry genannt, aber billige Wortspiele …, nunja. Egal. Die Ausgangssituation: Nachdem ich bis heute regelmäßig Generals Zero Hour zocke, sollte endlich mal was Neues her und da kommt eigentlich nur StarCraft 2 in Frage. Und wenn Blizzard das für 20 Euro raushaut, ist der Zeitpunkt wohl gut.

Ich wollte nur zu Blizzard…

Ich wollte zwar nach Stream und diesem Ubisoft-Ding nicht noch so einen kropfüberflüssigen Gaming-Drangsalierer installieren, aber scheiss drauf, ein paar Guinness haben mich gefügig gemacht (obwohl es für DRM-Software eigentlich KO-Tropfen im Drink braucht). Zudem: Neben Generals nimmt Torchlight 2 einen Großteil meiner Gaming-Zeit ein. Dreimal durchgespielt, zweimal gemoddet, Thema durch. Und Blizzard hat da mit Diablo 3 ja noch was zu bieten – ebenfalls im Angebot und für zehn Euro verlockend genug. Also auf zu Blizzard. Zeit: Ungefähr 1:30 Uhr. Zwei Stunden und 1.000 Telegram-Chat-Beiträge mit Kollege Rentrop später ist es soweit – endlich darf ich mit dem Download der Spiele beginnen. Und dazwischen: Anmeldung bei Battle.net – klappt. Der Versuch, StarCraft in den Warenkorb zu legen scheitert jedoch – Blizzard hat keinen Warenkorb. Ernsthaft? Ernsthaft! Jedes Spiel einzeln kaufen, immer wieder neu auschecken? Nicht mit mir, dachte ich.

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Guckt mal Blizzards, links, ganz klein ist ein Warenkorbsymbol. Es gibt Shops, die haben sowas!

Der Versuch zu bezahlen

Also Tipp berücksichtigt und zentral mein PayPal-Konto hinterlegt. Bezahlversuch 1: Spiel kaufen via PayPal. Bei der Bezahl-Anmeldung bei PayPal stand dann aber nicht SC2, 20 Euro, bitte autorisieren, sondern kein Preis und die pauschale Genehmigung, dass Blizzard diesen und zukünftige Beträge einziehen darf. Bitte? Ernsthaft? Ernsthaft! Vermutlich ist das weniger riskant als es sich anhört, aber es ist dämlich, dämlich, dämlich – und kackendreist. Bezahlversuch 2: Battle.net-Guthaben mit PayPal aufladen. Wieder zum Checkout und siehe da, dieses mal will Blizzard auf mein Smartphone zugreifen, zwecks mobilem Nachrichtengedöns. Mein Smartphone an Blizzard koppeln? Ernsthaft? Ernsthaft! Kommt natürlich nicht in Frage Ihr Pfeiffen. Nun gut, auch wenn ich es nicht wollte – Bezahlversuch 3: Kreditkarte. Adresse, Kreditkartendaten etc. eingegeben und wow, nein, nicht WOW, der Kauf klappt, total großartig. Zack zu SC2 gewechselt und – natürlich – alle Daten nochmal eingeben. Möööp – Kreditkarte abgelehnt. Ungefähr 20 Sekunden später geht nicht, was gerade noch ging? Na super. Warum? Nun, da auch mein Titus-Warenkorb plötzlich was gegen die Karte hatte, ist sie wohl gesperrt worden, weil ich innerhalb weniger Sekunden zweimal bezahlen wollte – und zwar weil fucking Blizzard keinen Warenkorb hat. Etwas später hat der StarCraft-Kauf dann geklappt – via Kreditkarte aus dem Battle.net-Windows-Cliente heraus. Ob die Karte da schlicht wieder frei war oder ob aus dem Client heraus nicht on the fly mit dem Kreditinstitut abgeglichen wird, weiß ich nicht, da fehlen mir Kenntnisse über die Mastercard-Infrastruktur (bei EC-Kartenzahlung gibt es beispielsweise sowohl direkten Abgleich mit der Bank, als auch eine Offline-Variante – praktisch, wenn der Zahlungsbetrag für die Karte eigentlich zu hoch ist …). Aber egal, endlich zocken. Fast zumindest, erst stehen noch 30 Gigabyte Download an, selbst bei 50-Mbit-Leitung muss das also warten.

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Nach viel zu viel Bezahlaction: Endlich da – wenn auch nur im Wir-nerven-Euch-Gaming-Client.

Endlich zocken

Zunächst sollte StarCraft 2 mal zeigen, ob ich mich mit der Spielmechanik anfreunden kann, was bei jemanden, der seit elf Jahren nur dieses eine RTS spielt, nicht ganz einfach ist. Nach einer halben Stunde kann ich sagen, ja, an SC könnte ich mich gewöhnen. Auch wenn ich vor allem eine Sache jetzt schon vermisse: Bei Command & Conquer Generals weiß man intuitiv, welche Dinge was tun – eine Erklärung, was ein Buggy mit Maschinengewähr, ein Hubschrauber mit Napalmbombe oder Scharfschütze macht, braucht man nicht. Bei den anderen C&C-Titel und eben auch bei StarCraft muss ich erstmal „mühselig“ erlernen, was ein Hunkahunka-Bot mit Bla-Gas-Upgrade und Plasma-Level-4-Oktonator überhaupt kann …

Soweit so gut, jetzt kommt Diablo 3. Nach der wirren Mischung aus Intro und Changelog nehmen ich meinen Hexendoktor und ziehe in den, äh, Krieg? Tolle Cut Scenes (die mir persönlich völlig egal sind), aber die eigentliche Story habe ich scheinbar verpasst, irgendwas mit alle umbringen oder so; war aber vermutlich mein Fehler die Storyline nicht zu durchblicken. Egal, hacken, slayen, looten, leveln, so geht das. Dass ich auf mittlerem Schwierigkeitsgrad bis Erfahrungsstufe sechs nicht einmal gestorben bin ist ok, dass ich noch nichtmal einen einzigen Lebenstrunk nutzen musste verwunderlich und mein Goldvorrat unverhältnismäßig groß. Macht aber noch nichts bis hierher, sieht ja gut aus, die Effekte und Gegner sind noch neu, alles gut. Widme ich mich also dem Skill Tree. Das scheint mir rund acht Sekunden zu dauern, da dieser völlig automatisch abläuft und lediglich auf „Ja, ok, neuer Skill, habs registriert, Klick“ wartet. Und dass ich nicht zoomen kann, um mir Monster, Character und Gespräche mal aus der Nähe anschauen kann? Bedenkt man, dass Torchlight mal als Independent-Billig-Alternative zu Diablo auf den Markt kam, ist das grafisch schon ziemlich schwach. (Und ganz nebenbei: Torchlight gibt es DRM-frei als einfachen Download einer Datei. Punkt.) Fairer Weise sollte ich hinzufügen, ich habe mich gerade schlaumachen lassen, dass Diablo 3 über Skill-Item-Kombinationen Komplexität aufbaut, statt über individuelles Skillen – nachdem man erst einmal komplett mit Simpel-Tree durchgespielt hat – meine Welt ist das nicht. Wenn das Quatsch ist, was ich hier zu D3 schreibe, postet einfach, was für ein Spiele-DAU ich doch bin …, hier geht’s eben in erster Linie um die Bezahlerei.

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Das beste RTS aller Zeiten. So.

Der Viva-Twist

Heute stehe ich dann auf, schalte den Fernseher ein, letzter Kanal gestern war das großartige Comedy Central, sprich Mr. TV startet bei Viva. Und als würde der Tag „Guten Morgen lieber Mirco“ schreien, läuft dort einen neue Folge Game One und just mit der Vorstellung eines Spiels namens Path of Exile. Und ganz fix folgen die Worte: Für alle, denen Torchlight zu Bonbon-farben und Diablo 3 zu casual ist …, keine Cut Scenes …, Skill Tree mit weit über 1.000 Fähigkeiten …, weitere wechselbare, aktive Skills via Runen … – zu diesem Zeitpunkt dachte ich nur: Cool, kaufen, habe ich eben ein paar Euro für Diablo in die Tonne gekloppt. Und dann sagt der doofe Onkel im TV: Das Spiel ist kostenlos. In-Game-Käufe gibt’s wohl nur für optische Gimmicks, also nicht die übliche Free-To-Play-Verarsche. Tja, so sehr mag mich die Technikwelt – erst stundenlang Probleme, bezahlen zu dürfen, inklusive temporär gesperrter Kreditkarte, nur um mir ein paar Stunden später die Nase zu zeigen, Ätschibätsch zu rufen und mir kostenlos zu geben, was ich eigentlich hoffte gekauft zu haben. Nun, angespielt habe ich Path of Exile noch nicht, insofern ist das auch noch nicht gegessen.

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Noch nicht getestet, aber für Hardcore Hacker/Slayer scheints die richtige Wahl zu sein – sogar in der Gratisversion.

Ernsthaft Blizzard?

Ob mir die Spiele nun gefallen oder nicht, ob mir ein Panzer lieber ist als ein Mech, eine Bazooka lieber als ein neutronaler Bla-Gas-Multirohr-Infiltrator und ein Skill Tree lieber als ein Pseudo-Skill-Tree, ist aber alles persönliches Meinungsbla. Aber als Kunde, Technikjournalist, Informationswirt und nicht zuletzt gelernter Einzelhändler (90er-Jahre-Saturn ftw!) muss ich Blizzard eines ganz neutral und objektiv attestieren: Ihr seid bekloppt. Vielleicht habt Ihr mal das Wort „Bezahlschranke“ aufgeschnappt und dachtet Euch „Hey cool, machen wir auch eine beschränkte Bezahlabwicklung und legen den potenziellen Kunden Steine in den Weg, scheint modern zu sein“. Aber genau diesen Vorgang, dieses Euch-Geld-Geben, solltet Ihr möglichst einfach gestalten. Zumal das im Vergleich zum Herstellen von Spielen so verdammt einfach ist. Selten habe ich ein erfolgreicheres Konzept zur Abschreckung von potenziellen Kunden gesehen. DRM ist diesbezüglich ja schon gut, aber die Menschen nutzen ja dennoch Spotify, Netlix, Amazon Prime Instant Video, Steam und wie der ganze Wir-drangsalieren-unsere-zahlende-Kundschaft-bis-aufs-äußerste-Kram heißt. Aber wenn die Quest „Reise zum Checkout und versuche zwei Spiele zu bezahlen“ schwieriger ist, als im gekauften Spiel acht Millarden Stufen aufzusteigen, hat wohl doch jemand einen Hieb mit der Intelligenz-Minus-50-Keule auf den Kopf bekommen.

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mmmhhh

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

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