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Test: iPad Air 2 mit der ZaggFolio Keyboard-Hülle in ein Notebook verwandeln

Es ist wieder Zeit für einen kleinen Hüllen-Test: Im Rahmen meiner Indien-Reise habe ich darüber nachgedacht, wie ich die Computer-Frage am besten löse. Da ich im Grunde nur einen Foto-Tank benötige und ein paar Texte verfassen will, sollte es eigentlich ein iPad tun, allerdings mit einer passenden Tastatur. Bei meiner Suche stieß ich auf die ZaggFolio-Keyboardhülle mit deutscher QWERTZ-Tastatur, die verspricht, das iPad Air 2 in ein kleines Notebook zu verwandeln. Die habe ich mir jetzt einfach mal bestellt und genauer angesehen.

Material und Haptik wirken billig

Die ZaggFolio-Hülle kommt in einer hübschen Verpackung, in der sich, neben der Hülle selbst, auch ein Handbuch und ein Micro-USB-Kabel befindet, mit dem die Hülle, die über einen eigenen Akku verfügt, aufgeladen wird. Die Hülle ist schnell entnommen und sofort fällt auf, dass sie relativ leicht und schlank ist, allerdings auf den ersten Blick auch relativ klapprig wirkt: Das Rückencover ist aus dünnem Plastik und das Scharnier zum Öffnen relativ schwergängig, was sich jedoch nach einiger Benutzung ein wenig legt. Die Chicklet-Tasten der Clamshell-Hülle für das iPad Air 2 sind klein, aber erstaunlich gut positioniert, die Umschalttasten sind, wie alle anderen Tasten und anders als bei vielen anderen Lösungen, groß genug und alle wichtigen Tasten vorhanden. Allerdings fiel dem Formfaktor die Enter-, Backspace- und #-Taste zum Opfer, die sehr klein geraten sind. Die Tastatur wirkt solide, hat einen guten Druckpunkt, klappert aber ein wenig. Außen verwendet Zagg die bei vielen iPad-Hüllen anzutreffenden Kunstleder-Applikationen, die sehr pflegeleicht sind. Öffnungen für Tasten und Anschlüsse sowie die Rückenkamera sind vorhanden, insgesamt macht die Hülle aber erstmal einen nicht all zu soliden Eindruck und wirkt billig.

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Das ZaggFolio verwandelt das iPad Air 2 in ein kleines Notebook.

Kinderleichte Installation

Das ändert sich schlagartig, wenn man das iPad Air 2 mit zwei Handgriffen einsetzt: Das Gesamtkonstrukt wirkt plötzlich sehr stabil und wertig, weil das vergleichsweise schwere iPad die gesamte Konstruktion stabilisiert. Gehalten wird es wie in anderen Hüllen mit einer Klemmverbindung, die das Tablet zwar bombenfest in der Hülle hält, allerdings praktisch eher suboptimal gelöst ist – dazu später mehr. Nach dem Laden des internen Akkus per USB-Kabel, was auf den farbig leuchtenden Tasten angezeigt wird, kann es auch losgehen: Hülle einschalten – der Einschaltknopf ist an der gleichen Position wie bei aktuellen Macbooks – und per Bluetooth mit dem iPad koppeln. Anschließend ist die Zagg Folio-Hülle einsatzbereit und das iPad wirkt in der Tat wie ein kleines Macbook. Praktischer Nebeneffekt: Durch das Plastik-Design wirkt das iPad jetzt wie ein simples Netbook, was auf Reisen Langfinger abhalten dürfte. Das Apple-Logo jedenfalls ist nicht mehr sichtbar. Klappt man die Clamshell-Hülle zu, schalten sich iPad und Tastatur ab, klappt man sie auf, gehen beide Geräte wieder an.

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Bei der Clamshell-Hülle bleiben die Knöpfe, Anschlüsse und die Kamera des iPads frei. Beim Zuklappen schalten sich Keyboard und iPad ab.

Intuitive Benutzung

Die Benutzung der ZaggFolio-Hülle ist intuitiv, das Schreiben auf den auf Wunsch beleuchteten Tasten geht nach wenigen Sätzen erstaunlich leicht und intuitiv von der Hand und die Tastatur arbeitet zuverlässig und mit gutem Druckpunkt. Ich persönlich bekomme durch meine großen Hände jedoch relativ schnell Schmerzen in den Handgelenken, was aber nicht der Hülle selbst, sondern dem Formfaktor geschuldet ist. Trotzdem gewöhnt man sich, wenn man Apples Wireless-Keyboard gewöhnt ist, erstaunlich schnell an die Tasten der Hülle. Der Bildschirm lässt sich wie beim Macbook stufenlos in verschiedenen Winkeln justieren, die Beleuchtung ein- und ausschalten. Praktisch sind die Funktionstasten, die direkten Zugriff auf bestimmte iPad-Funktionen zulassen, etwa die Lautstärke-Steuerung oder die Musik-Steuerung, auch lässt sich der Home-Bildschirm einblenden und auch die Multitasking-Option lässt sich mit Hilfe der Keyboard-Hülle aufrufen.

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Größenvergleich: Die iPad-Tastatur ist deutlich kleiner als Apples Wireless-Keyboard, aber erstaunlich gut zu bedienen.

Es gibt mehrere Kritikpunkte

Weniger schön ist der Zugriff auf das Kontrollzentrum: Je nach Stellung des „Bildschirms“ ist es nicht ganz einfach, mit einem Wisch nach oben auf die Kontrollfunktionen zuzugreifen, zudem fehlt zum vollwertigen Macbook-Ersatz natürlich, wie bei allen Tastatur-Lösungen für das iPad, ein Trackpad, was dafür sorgt, dass man im Betrieb ständig zwischen Touchscreen und Tastatur wechseln muss – vermutlich auch der Grund, warum Apple Touchscreens bei Macs bislang ablehnt.
Zudem ist die Gesamtkonstruktion recht kopflastig: Das iPad Air 2 wiegt zwar nur noch 437 Gramm, doch da die Hülle selbst nur 100 Gramm mehr auf die Waage bringt, gibt es keinen Ausgleich. Zwar kippt das iPad nicht ständig nach hinten, trotzdem wirkt die ganze Konstruktion längst nicht so standfest wie zum Beispiel ein Notebook. Hinzu kommt, dass es keine Standfüße gibt: die Kunstleder-Hülle liegt direkt auf dem Tisch auf, was nicht optimal ist. Immerhin sind alle Anschlüsse und Tasten gut zugänglich.

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Bei der Clamshell-Hülle bleiben die Knöpfe, Anschlüsse und die Kamera des iPads frei.

Kein Betrieb als Tablet möglich

Richtig ärgerlich wird es jedoch, wenn es darum geht, das iPad als Tablet zu benutzen: Eingesetzt in die Hülle kann man es kaum hochkant verwenden, die Hülle stört einfach. Hier wäre eine andere Lösung – ein abnehmbarer „Bildschirm“ oder eine komplett nach hinten klappbare Tastatur – deutlich von Vorteil, doch diesen Anspruch hat das Zagg Folio nicht: Die einem Notebook ähnliche Konstruktion sorgt dafür, dass das iPad ebenfalls auf den horizontalen Betriebsmodus festgelegt ist. Wäre das Tablet jetzt leicht zu entnehmen, wäre das kein Problem, doch die Plastik-Klammern halten das Tablet derart bombenfest in der Hülle, das das wiederholte und möglicherweise ruppige Entnehmen und Einbauen des iPads ins Zagg Folio schnell Schäden am Tablet verursachen dürften. Wer das Zagg Folio nutzt, sollte also sicher sein, dass er das iPad hauptsächlich als Notebook-Ersatz verwenden will – das ist bei mir leider nicht der Fall.

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Das Scharnier ist wie bei einem Notebook gelöst, das Keyboard lässt sich daher weder abnehmen, noch nach hinten klappen.

Fazit: Eine gute Clamshell-Lösung mit Design-Schwächen

Insgesamt lässt sich nichts gegen die Zagg Folio-Keyboardhülle sagen: Als Clamshell-Case für das iPad Air 2 erfüllt sie ihren Zweck hervorragend, und auch wenn es leichte Mängel in der Haptik und Ergonomie gibt, zeigt Zagg, dass der Betrieb des iPads als Notebook-Ersatz durchaus möglich ist.
Problematisch wird es für Nutzer, die ihr iPad gerne auch als „normales“ Tablet und zum Lesen von Büchern verwenden möchten: Diese Funktion ist faktisch nicht vorhanden, stattdessen muss das iPad aus der schwer lösbaren Hülle entfernt werden und liegt dann – ebenfalls ein Minuspunkt – völlig blank da. Besser wäre es, wenn sich die Tastatur komplett abnehmen oder wenigstens nach hinten klappen ließe, ohne dass das iPad das Rücken-Cover verlassen muss.
Für meinen persönlichen Einsatzzweck ist das Zagg Folio daher nichts, ich verwende das iPad Air 2 zu 90 Prozent als Tablet, nur in 10 Prozent der Fälle benötige ich eine „echte“ Tastatur, weshalb ich bei meiner alten Kombi bleiben werde: Einem simplen Smartcover wie dem von EasyAcc oder meiner neuen, funktional noch besseren Forefront Origami-Hülle sowie einer externen Tastatur. Hier verwende ich seit geraumer Zeit die Hama-Bluetooth-Tastatur, die gegenüber dem Zagg Folio gewisse Vorteile bietet: Sie ist hochwertig verarbeitet, deutlich günstiger und kleiner als Apples Wireless-Keyboard, aber noch groß genug für ergonomisches Schreiben und besitzt keinen eigenen Akku, sondern wird mit zwei AAA-Batterien betrieben. Außerdem ist sie vom verwendeten Tablet unabhängig, ich habe sie schon am iPad 2, iPad 3 und am iPhone betrieben und sie kann auch als Ersatz-Keyboard für den Mac oder PC dienen. So muss unterwegs zwar mit dem iPad ein „kleiner iMac“ aufgebaut werden, dafür ist sowohl das Schreiben, als auch die Verwendung als Tablet gewährleistet. Die Zagg Folio-Hülle werde ich wohl zurückschicken oder wieder verkaufen.

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Die Tastaturbeleuchtung hilft bei der Arbeit in dunklen Umgebungen.
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Christian Rentrop

Diplom-Journalist, Baujahr 1979. Erste Gehversuche 1986 am Schneider CPC. 1997 ging es online. Seither als Schreiberling in Totholzwäldern und auf digitalen Highways unterwegs. Öfter auch auf der Vespa oder mit dem Wohnwagen unterwegs. Seit 2020 Tochtervater, dementsprechend immer sehr froh über eine kleine Kaffeespende.

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