
Kunden. Das A und O im Einzelhandel. Ich hatte damals keinen Bock in einem Büro zu versauern, lieber "was mit Menschen" - verrückte Welt, so weit weg ... Heute würde ich vermutlich versuchen, Jobs im B2C-Bereich zu vermeiden - Endkunden sind bekloppt 😉
Zur Kolumne "Saturn, 90er, PC-Abteilung"
Echt jetzt, benehmt Euch mal! Die meisten Kunden waren natürlich irgendwas zwischen neutral und freundlich, aber da blieb noch genügend Raum für einige echte Arschkrampen. Ich stelle Euch mal ein paar meiner Favoriten vor.
Fischbrötchen-Armleuchter
Mein absoluter Favorit unter den Bekloppten, der samstägliche Fischbrötchen-Asi. Direkt gefolgt von seinen Verwandten, den Eis-Ekeln und Brötchen-Berserkern.
Samstags war Markt. Der Markt war fast direkt neben dem Saturn. Und bekannt für sehr guten Backfisch. Backfisch schmeckt nur frisch. Zeit ist knapp. Und was gibt es besseres, als sich beim Snacken unterhalten zu lassen?
Kostenlose Unterhaltung gab's natürlich: Im Saturn. Also schnell rübergewatschelt, den erstbesten Verkäufer nach einer Grundschulung Computer oder einem Faxgeräte-Marktüberblick gefragt, und dann mampfend die Show genossen.
Vielen Dank für den Fischgeruch, lieber Kunde 😉 Direkt aus Deinem Maul in meine Nase, was könnte man sich an einem Samstag in sängender Kaufhaushitze mehr wünschen? Klar, kontinuierliche Eisleckerei oder fliegende Bestandteile trockener belegter Brötchen sind auch super, aber Fischatem ist das Beste!
Ernsthaft Leute, das ist das Letzte.
Das-gibts-umsonst-Quengler
Ein typischer Computer-Erstkauf nach einer Stunde Beratung: Rechner, Monitor, Soundkarte, Drucker, Kabel, Maus, Mauspad, Tastatur und vielleicht noch ein Einsteigerbuch.
Ein typischer Dialog nach der Zusammenstellung:
Ich: Rechner 1.700, Monitor 500, Drucker 400, plus Zubehör macht insgesamt 3.000 D-Mark.
Kunde: Naja, bei den ganzen Sachen, die ich hier kaufe, ist der Monitor doch wohl umsonst!
Ich: Sorry, geht nicht.
Kunde: Okay, dann der Drucker.
Ich: Nope - das Kabel gibt's umsonst ...
Die Frage nach Gratis-Monitor oder -Drucker kam wirklich regelmäßig auf. Und das nicht nach dem Motto "Können wir da noch was machen?", sondern tatsächlich eher in der Art "Ich kaufe hier für 3.000 D-Mark ein, seien Sie gefälligst dankbar, lecken Sie meine Schuhe und schenken Sie mir 500 Mark, aber sofort."
Meine Versicherung, dass die Gewinnspanne das nicht hergibt, haben solche Leute natürlich als dreiste Lüge empfunden. Im Zweifelsfall habe ich ihnen dann auch einen Blick ins Warenwirtschaftssystem verschafft - und wenn dort dann beim Rechner irgendwas von -20 bis +50 D-Mark Gewinn aufgeführt war, wurde dann auch (verwundert) zurückgerudert.
Nur-mal-eben-Frager
Liebe Leute, hier ein Praxistipp: Wenn jemand am Rechner steht, einen Telefonhörer in der Hand hat und redet - dann telefoniert dieser Mensch vermutlich gerade. Er ist also mit etwas "beschäftigt".
Oder der Mensch steht vor einem anderen Menschen und redet, hört zu, redet, hört wieder zu - dann unterhält sich dieser Mensch, er ist "beschäftigt".
Dieses "beschäftigt sein" ist ein Konzept, dass viele Kunden nicht zu begreifen schienen. Wenn dann ein "Entschuldigung, kurze Frage, wo bitte finde ich Tintenpatronen?" kommt - okay, lässt sich noch mitten im Gespräch per Fingerzeig beantworten. Suboptimal, aber noch nicht voll-asi.
Ebenso häufig haben Kunden aber auch einfach angefangen, auf mich einzulabern, was mich zu der saudämlichen Floskel "Entschuldigung, ich bin noch im Gespräch/habe noch einen Kunden." genötigt hat. Ich hasse es, Offensichtliches zu erläutern ...
Ja ja, schon klar, ihr seid natürlich die wichtigsten Kunden und wenn ihr den Laden mit eurer Anwesenheit beehrt, dann müssen alle sofort an Euren Lippen hängen ... Man erkläre mir, was dabei im Kopf vor sich geht.
Stalker
"Herr Lang bitte in die 123." Diese Art von Durchsage gab es immer wieder mal, wenn die Damen an der Kasse einen der zwei, drei "Stalker" entdeckt haben. Soll heißen: Tritt die Flucht an, rette Dich in den Zugang-nur-für-Personal-Bereich 😉
Solche Leute gab es in der Form, dass sie mich für ihren persönlichen Computer-Coach hielten. Klar, ich habe ihnen den Rechner verkauft, sie gut beraten, also bin ich auch der erste Ansprechpartner, wenn es darum geht zu lernen, wie man eine Office-Suite nutzt. Und wenn ich Zeit hatte: Gerne! War meist aber nicht der Fall. Aber das sind die Netten.
Ich erinnere mich aber noch an einen Typen der Charakterklasse "Zwerg": 1,60 cm klein, spitzer Vollbart, unsteter Blick und mit Sätzen wie: "Gestern habe ich eine Kiste geöffnet und darin das Schwert des Odin gefunden." Nicht, "Ich habe gezockt und ..." oder "Ich habe in DSA3 eine Kiste ...", nein, es waren Erzählungen aus dem echten Leben. Vermeintlich.
Klar, mein Fehler: Einmal hatte ich Fragen zu Spielen beantwortet und schon wollte Kunde Zwerg mir ständig von seinem Alltag erzählen - völlig egal, ob ich gerade beschäftigt war, er stand plötzlich neben mir und fing einfach an zu reden. Und ließ sich auch nicht wegschicken.
Manche dieser Stalker-Typen waren geistig beeinträchtigt, andere einfach nur weggedriftet, wieder andere schlicht egomanisch dreist. Aber alle sind schwierig zu handlen.
Die Netten
Der Vollständigkeit halber: Es gab auch super nette Kunden! Ich habe sogar mal 5-D-Mark Trinkgeld bekommen 🙂 Das war ein älteres Ehepaar, das den ersten PC im Leben gekauft hat. Sie wussten allerdings nicht, wie sie das Ding nach Hause bekommen sollen, also habe ich ihn nach Feierabend privat vorbeigebracht.
In den nächsten Monaten tauchten immer mehr Fragen auf und natürlich war ich Coach Nummer 1 - aber mit Respekt! Der Herr war immer wieder im Laden und hat mich um Hilfe gebeten, war aber nie lästig. Und irgendwann, obwohl keine Zeit, weil mit einem andern Kunden im Gespräch, schob er mir nen 5er zu und bedankte sich im Gehen für einen Tipp.
Ein netter Kunde, der sich vielleicht Tage nach einer Beratung bedankt, macht manchmal ein Dutzend Vollidioten wett. Also seid doch einfach mal nett zum Verkaufspersonal!