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Lidl-Löffel: 20 Prozent weniger schlau, 49.500 Prozent Versandkosten

Lidl muss Drogen verkaufen – und sie vor allem einnehmen. Anders kann ich mir den Lidl-Löffel nicht erklären. Dieser irrwitzige Zuckersparlöffel ist nicht nur eine geistige Sonderleistung, sondern verursacht auch Versandkosten, die sage und schreibe 495 mal höher als der Verkaufspreis sind. Wenn das ohne Drogen geht, mache ich was falsch. Für so viel Hirnleistung braucht man viel von der Droge Nummer 1: Zucker ;)

Böser Zucker

Lidl will den Zucker reduzieren. Zum Beispiel in Eigenmarken – netter Zug:

Bis 2025 wollen wir bei Lidl den zugesetzten Zucker im Eigenmarkensortiment um 20 % reduzieren.

Und auch Verbraucher will Lidl dazu bewegen – auch ein netter Zug? Eher ein irrer:

Mit dem Lidl-Löffel spart jeder ab sofort spielend leicht Zucker ein, ohne die Gewohnheiten ändern zu müssen. Wie das geht? Durch seine kleine Wölbung zieht der Löffel automatisch ca. 20 %* Zucker ab. Der große Vorteil: Zwei Löffel Zucker im Kaffee bleiben zwei Löffel Zucker. Aber eben 20 %* weniger.

Und es ist nicht der 1. April. Man kann das Ding sogar kaufen – für nur einen lächerlichen Cent!! Das scheint allen Ernstes kein Witz. Und doch lache ich. Nun, fast, eigentlich bleibt mir das Lachen im Halse stecken. Ob es nun daran liegt, dass Lidl Menschen für so dumm hält oder Menschen so dumm sind, das sie tatsächlich zuschlagen, zwischen die Ansätze von Mundwinkelzucken mischen sich hochgezogene Wangen, zusammengekniffene Brauen, ein Meer von Stirnfalten … – die typischen Anzeichen von Abscheu. Nicht viel und ich brauche ein Taschentuch.

lidl-loeffel
Die Delle der Wahrnehmung, im Löffel des Anstoßes. Wo ist Uri Geller wenn man ihn braucht?

Aber sprechen wir über Zahlen: 20 Prozent weniger Zucker – das Sternchen deutet aber an, dass es Kleingedrucktes, aka einen Haken, gibt. Das Ganze bezieht sich auf einen gestrichenen Teelöffel. Streicht den wirklich jemand ab? Na? Abstreicher vor! Bei so geringen Mengen dürfte selbst die kleinste Häufung oberhalb der angedachten Linealkante die 20 Prozent pulverisieren. Aber ach, ist doch egal, Lidl sagt selbst: Abweichungen sind je nach Teelöffel möglich. Wooaaaasss? „Ein Löffel Zucker“ ist kein fucking Normwert? OK, dann mache ich jetzt mal einen auf Genie, mir einen Kaffee und schaufel den Zucker mit dem Espressolöffel rein – das spart selbst bei maximaler Behäufung sicherlich 30 Prozent. Nimm das, Lidl!

Böser Versand

Aber Abzocke kann man Lidl eigentlich gar nicht, so richtig gar nicht unterstellen – das Teil kostet nur einen blöden Cent! Mein erster Gedanke: Ich kaufe 1.000 Stück und verticke sie für 10 Cent an die nächstbeste Kantine. Vermutlich immer noch ein Schnäppchen. Aber nö, scheinbar darf ich maximal 10 Stück kaufen. Da ich mit 10 Löffeln aber weder einen Reibach machen noch, so mutmaße ich trotz anzunehmender gegenteiliger Argumentation seitens Lidl, 200 Prozent Zucker einsparen kann, was auch die zweite potenzielle Lidl-Löffel-Einkommensquelle vermurkst, will ich nur einen Löffel. (Sorry für so lange Sätze, aber ich kann mich 20 Prozent weniger konzentrieren als sonst.)

Gut, also einen Löffel in den Warenkorb bitte. Versandpauschale: 4,95 Euro. Hmm, überlegen … will ich das 495-fache des Kaufpreises für den Versand zahlen? Ja, nö, will ich nicht. Ach, dann kaufe ich doch schnell noch was dazu … – MÖÖÖP – mache ich natürlich nicht, ihr Lidls ;)

Gute Idee?

Einverstanden, bezüglich des Versands muss ich mir hier wohl Polemik eingestehen, ein 1-Cent-Produkt gratis zu verschicken oder in nicht haushaltsüblicher Menge abzugeben ist in der Realität natürlich Unsinn. Aber wenn man so eine Aktion wirklich ernst meint, wie wäre es denn mit dieser Variante: Macht den Zucker 20 Prozent teurer und steckt jedem Kunden beim Einkauf vor Ort ein so’n dummes Teil kostenlos in die umweltfreundliche Papiertüte. Dann ginge der dumme Löffel tatsächlich als Symbol für eventuell sinnvolle Zuckereinsparung durch, man würde nicht nur Menschen erreichen, die sich eh Gedanken darüber machen, Kunden vor Ort würden sich freuen und durch den 20-Prozent-plus-Zucker ließe sich auch der bei Erfolg weniger verkaufte Zucker kompensieren ;)

Man möge mir diese unflätigen Gedankenflatulenzen verzeihen, aber mal ganz unter uns und ganz im Ernst: Ist der Lidl-Löffel eine gute Idee?

P.S.: Als rosarotebrilletragender Misanthrop hoffe ich ja insgeheim immer noch darauf auf einen perfiden Streich hereinzufallen …

P.P.S.: In einer früheren Version der Überschrift war von 495 Prozent Versandkosten die Rede – das schiebe ich einfach mal auf die Unterzuckerung. #20ProzentWenigerZuckerZucks

P.P.P.S.: Am 24.10 gibt’s den Löffel ab 25 Euro Einkaufswert kostenlos im Lidl vor Ort.

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

5 Kommentare

  1. Nur ganz Große Verarsche!!!!!!!!!!!!!!
    habe es heute Morgen ausprobiert, es passt genau so viel Zucker drauf, wie auf einen gestrichenen Teelöffel( 5 Gramm).

  2. Dummes Gelaber !
    Dann mach einfach einen Wocheneinkauf bei Lidl über 25,- € und Du bekommst den Löffel geschenkt …

      1. Oh nein, das ist gewiss nicht die Frage … Auch für -1 Euro würde ich ihn nicht haben wollen. Zehntausende, klar, aber sonst?!

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