Auto-Technik

Wie man ein eAuto kauft – Edition 2022

Beim Elektroauto geht es um mehr als nur Preis und Reichweite - meine Erfahrungen soweit ...

Puh, schon wieder vier Jahre her, dass ich meinen alten Ioniq bekommen habe. Damals schwang das Pendel noch Richtung Plugin-Hybrid. Nun, nach mehr als 100.000km und vier Jahren, die ins Land gegangen sind, ist das Leasing für den 2018er Ioniq ausgelaufen. Doch wo stehen wir nun? Welchen Typ Auto wollen wir uns nun anschaffen? Was ist der Status Quo bei der Ladeinfrastruktur und worauf sollte man besonders beim Kauf eines Elektro-PKWs im Jahr 2022 achten?

Wieder PHEV oder BEV? FCEV etwa?

Die Recherche begann, mal wieder, im Internet. In Foren und Testberichten schwirren unterschiedlichste Bezeichnungen herum. Unter diesen kryptischen Abkürzungen verstecken sich Plugin-Hybride (PHEV), also Benziner oder Diesel-Autos mit elektrischem Antrieb für ca. 60km, reine Batterie-PKWs (BEV) und Wasserstoff-Brennstoffzellen Autos (FCEV). BEVs sind Batterie-elektrische Automobile gänzlich ohne fossilen Antrieb und laden über einen Gleichstrom (DC) oder Wechselstromstecker (AC). FCEV hingegen haben lediglich eine kleine Pufferbatterie, dafür aber einen Wasserstofftank und eine dazugehörige Brennstoffzelle (fuel cell), die während der Fahrt Strom für das Fahrzeug aus dem Wasserstoff bereitstellt. Da außer bei Hyundai (Nexo) und Toyota (Mirai) keine FCEV-PKWs käuflich zu erwerben sind, und die Reichweite bei den PHEV bei ca. 50-60km stehen geblieben sind seit 2018, fiel diesmal die Entscheidung pro BEV.

Mittlerweile haben wir einen Stellplatz mit Steckdose und können am Haus das Auto laden. Trotzdem wollten wir eine große Batterie und einen flotten Schnelllader im Auto haben. Da mir persönlich bei Tesla die reine Touch-Bedienung als nicht praktikabel vorkam, reduzierte sich die Auswahl lieferbarer Modelle stark. Da seit knapp 2 Jahren bei uns ein kleines Wesen sein Unwesen treibt, sollte das neue Auto etwas mehr Stauraum haben als der alte Ioniq, der mit Kinderwagen und Spielzeug an seine Grenzen kam. Spoiler: Ein BEV-Kombi ist es mangels Angebot nicht geworden. Mittlerweile bietet allerdings MG einen recht ordentlichen Elektro-Kombi an.

Wie man ein eAuto kauft: Unverzichtbare Technik

Neben der Batterie fiel der besondere Fokus auf eine Wärmepumpe für die Akkukonditionierung bei kaltem Wetter. Durch eine Akkukühlung/-heizung, wird die Ladeleistung konstant gehalten. Elektropioniere, die den Nissan Leaf gefahren sind, können leidvoll von einer fehlenden Wärmepumpe berichten und den damit verbundenen Einbußen beim Schnellladen im Winter. Beim Akku sollten zumindest 400km rein elektrisch erreicht werden, wenn das Auto auch als Langstrecken-Option dienen soll. Mini-Reichweiten unter 200km empfehle ich nur bei reinen Stadtautos und da sollte man sich überlegen, ob das wirklich notwendig ist. Bei rechnerischen Verbräuchen von 14-18kWh pro 100km, ist das Minimum der Batterie eher mit einer Kapazität von 50-60kWh anzusetzen. 800V-Schnellladesysteme sind noch relativ selten, können aber gerade bei Ladeanbietern wie Ionity auf der Autobahn ihr volles Potenzial ausspielen. Ziel war es, auf Langstrecken die Pipi-Pausen fürs Schnellladen ausnutzen zu können.

Beim Ladestecker hat sich fürs schnelle Laden der CCS-Port durchgesetzt. Mit Ausnahme von Nissan verbauen alle Hersteller (sogar Tesla) mittlerweile entsprechende Ladeports. Damit ist ein großer Kritikpunkt verschwunden. Ein Steckertyp hat sich durchgesetzt und vereinfacht so die Ladeplanung bei den Fahrten. Auch im Ausland findet man immer diesen DC-Ladeanschluss vor. Beim AC-Laden war schon 2018 die Marschrichtung auf Typ2-Stecker erkennbar. Dies hat sich in den letzten vier Jahren bestätigt und die Ladesäulen gehören mittlerweile zum Stadtbild. Auch zu Hause sollte die Wallbox einen entsprechenden Ladeanschluss bieten und das Schuko-Kabel allein für Notfälle mitgeführt werden.

eauto-tank.
CCS-Stecker haben sich durchgesetzt

Die Wahl fiel wieder auf Hyundai

Nachdem die Kriterien abgesteckt waren, fiel die Wahl auf einen Ioniq 5 mit großer Batterie. 72,9kWh Batteriekapazität, 800V-Schnellladetechnik mit einer maximalen Ladegeschwindigkeit von 350kW. Die ersten Langstreckenfahrten bestätigen das Bild: Der Wagen lädt in ca. 5min für 100 weitere Kilometer auf, binnen knapp 20min stand der Akku bereits bei 80%. Die Bauform ist für mich als Sportcoupé-Fahrer zu nah am SUV, aber durch die Auslegung des Wagens auf ein reines BEV hat der Ioniq 5 massig Platz. Ein kleiner Kofferraum unter der Motorhaube dient als Platzhalter für die Ladekabel. Hinten ist ein zweigeschossiger Kofferraum verbaut, der ausreichend Platz für zwei Bienenbeuten bietet ;) Ach ja, der Kinderwagen passt mehr als locker rein.

ladeanzeige im eauto.
ca. 20 Minuten bis 80 Prozent passen

Das Infotainment ist groß, bietet Android Auto und Apples CarPlay (leider nur mit Kabel) und hat mit Bluelink eine funktionale App. OTA-Updates für das Kartenmaterial kann der Ioniq 5 seit Februar herunterladen. Schön ist, dass der Ioniq 5 keine Verbrennerplattform mehr unter sich hat, somit ist der Innenraum geräumig und bietet auch hinten für große Menschen ausreichend Platz. Die Ladeleistung an den Schnellladern erreicht im Mittel bei mir 225kw, was wirklich ordentlich ist. Eine Testfahrt von 1.800 km in die Alpen konnte ich auch bei fast 40°C mit Klimaanlage und fünf Ladestopps à 18min gut überstehen. Coffee Fellows brauchte übrigens jeweils länger für einen schwarzen Kaffee. Auch gut: Die zusätzliche Steckdose im Kofferraum für Standard 220V-Geräte sowie die Möglichkeit, per V2L-Adapter auch über den Ladeport des Autos Geräte mit Strom zu versorgen.

display im auto.
Reichlich Platz für Visualisierungen

Status Quo des Ladesäulenausbaus

Generell genieße ich Ladeluxus: Eine eigene Steckdose am Stellplatz, mehrere öffentliche Ladesäulen fußläufig und ein günstiger Ionity-Vertrag für unterwegs. Bei den Großeltern in der Eifel sieht es nach dem Hochwasser etwas düsterer aus, aber auch hier kann immer noch über das Schuko-Kabel nachgeladen werden (wenn benötigt).

In der Stadt ist der Einsatz eines eAutos als Laternenparker mit den neuen Batterien machbar, aber durch den Mangel an öffentlichen Ladesäulen immer noch nicht so einfach wie das Tanken mit einem Verbrenner. Hier müssten die Stadtentwickler mehr Ladepunkte anbieten können, um diesen Mangel zu beseitigen. Die Anzahl benötigter Verträge reduziert sich langsam. Ich empfehle folgende Dreifaltigkeit:

Auch wenn sich Letztere in den vergangenen Jahren mit starken Preissteigerungen wenig beliebt gemacht hat, ist die Karte fast durchweg einsetzbar und sorgt zumindest für vergleichbare Preise. Ionity ist als europäisches Schnellladenetz für die Fernstrecke nicht verzichtbar, solange kein Tesla gefahren wird. Mit den Herstellertarifen wie VWs Elli oder Hyundais ChargeMyHyundai sind die Preise durchaus attraktiv. Seit 2022 sind auch einige Tesla Supercharger für alle BEVs freigegeben. Allerdings sind diese nur eine teure Notoption.

Fazit

Achtet auf die Förderungen. Diese werden künftig stark reduziert. In Kombination mit generell stark steigenden Preisen wird jede Form der Mobilität teurer. Auch das BEV ist wesentlich teurer geworden, was auch mit der Auslastung der Werke zusammenhängt. Man könnte mittlerweile problemlos ein eAuto kaufen, nur wartet man wieder Monate bis Jahre zur Lieferung. Das Thema Anhängelast ist besser geworden, der Ioniq 5 und der KIA EV6 können bis zu 1,6t ziehen. Mit den großen Batterien ist das auch kein ewiger Stress mit der Suche nach Lademöglichkeiten. Wenn ein eAuto ansteht, lasst Euch ein Lieferdatum garantieren. VW und Mercedes garantieren nur noch für wenige Modelle, Tesla ist einigermaßen gut lieferbar, ebenso wie Hyundai und Kia. Im Umfeld Köln/Düsseldorf/Ruhrgebiet kann ich privat das Autohaus Schäfer empfehlen, die zumindest meiner Erfahrung nach kompetent im Bereich eAuto beraten.

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Benjamin Mewes

Technikbegeistert und programmieraffin seit den wilden Jugendtagen (QBasic, Delphi, R, Python, Fortran 77, Java). Heim-Automatisierung mit HomeKit und alles rund um macOS und iOS sind meine Steckenpferde!

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