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Wie kaufe ich ein Elektroauto? – Der allgemeine Ladeirrsinn

Elektrisch fahren könnte so schön sein – wenn nicht der Irrsinn an deutschen Ladesäulen wäre. Das Auto ist ausgesucht und bestellt. Aber wie laden? Ladelösungen, besonders für Mieter ohne Steckdose in der Garage sind problematisch und können das Zünglein an der Waage darstellen, weswegen man sich final gegen das elektrische Fahrzeug entscheidet. Der Grund? Veraltete Stromvertriebsgesetze und Leuchtturmdenken par excellence! Wie man ein eAuto lädt, was man beachten soll, das erklären wir in diesem Tuto.

Elektroautos in Deutschland: Wo laden?

Eigentlich könnte Laden sehr einfach sein, siehe Tesla. Ran an die Tesla-Ladesäule, Kabel rein und fertig, die Kiste lädt. Leider bieten andere Hersteller kein solch durchdachtes Mobilitätskonzept wie der amerikanische Konzern. Daher heißt es zuhause laden (wenn man die Möglichkeit hat, besonders für Besitzer von Photovoltaikanlagen sinnvoll!) oder öffentlich laden. Neben kostenfreien Ladesäulen (besonders bei Ikea, Aldi Süd und Kaufland) bieten viele Energieversorger Ladesäulen an. Damit lassen sich eAutos über Gleichstrom DC (Schnellladung) oder Wechselstrom AC aufladen.

Tesla Ladestationen finden
Tesla baut nach und nach ein Netzwerk aus Ladestationen auf. (Bild: Tesla.com)

Wechselstrom kann laut Eichrecht mit einfachen Mitteln im Verbrauch gemessen werden. Das Zeug hat jeder im Keller: Den Stromzähler. Gleichstrom jedoch kann nur sehr aufwändig gemessen werden und ist zurzeit nicht im Eichrecht vorgesehen. Schnelle, verbrauchsorientierte Abrechnungen sind damit nach deutschem Recht nicht zulässig.

Weitere Einschränkung: Nur Energieversorger dürfen Strom nach kWh abrechnen. Wenn jetzt der Tante-Emma-Laden von nebenan sich eine Ladesäule als Werbung vor die Tür stellt, darf der Strom nur kostenfrei oder nach Zeittarif abgegeben werden. Gleiches gilt für Vermieter die Strom von der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach an ihre Mieter zum günstigen Preis verkaufen wollen.

Was ist die Konsequenz für den eAuto-Fahrer? Zeittarife an langsamen Ladesäulen ,die nicht direkt vom Versorger betrieben werden und teure Zeittarife an den Schnellladern, die besonders an der Autobahn stehen. Bei großen Akkus und schnellen Ladegeräten ist das eine tolle Erfindung. Für Fahrer von Autos mit kleinen Akkus und langsameren Ladern steigen die Kosten jedoch rapide an.

Die Ladesäule – Quell von Frust und Erlösung

Hat man eine Säule erreicht stehen oft zwei Ärgernisse im Raum. Das erste Ärgernis: Ich muss eine Ladekarte haben, um die Säule zu entsperren. Eine Girocard- oder Kreditkarten-basierte Einzelfallzahlung ist meist nicht möglich. Der im Westen häufig vertretene Anbieter innogy setzt zudem fast ausschließlich auf seine App, die zwar funktioniert, aber im Bereich UI durchaus Verbesserungspotenzial bietet. Man führt also ein Sammelsurium von Ladekarten und Apps bei sich um im Bedarfsfall die Ladesäule zu entsperren. Wichtig sind hierbei vor allem, dass man einen guten Anbieter für den Stadtwerkeverbund Ladenetz bei sich führt (zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels Vattenfall mit Kosten von 30 Cent pro Kilowattstunde), Plugsurfing und New Motion (als Roaming Partner v.a. im Ausland) und einen innogy-Roaming Partner. Bei letzterem bieten immer mal wieder Stadtwerke günstige Gesamtpakete an: Ladekarte fürs innogy-Netz und Hausstrom (hier lohnt eine zeitnahe Recherche wenn der Autokauf ansteht).

Elektoauto aufladen
Wenn alles funktioniert, ist das Aufladen eines Elektroautos eine feine Sache. Wenn... (Quelle: Pixabay, Autor: hrohmann, Lizenz: CC0 Creative Commons)

Das zweite Ärgernis ist die oft mangelhafte Beschilderung an Ladesäulen. Gerne von Verbrennern zugeparkt, sind die recht teuren Ladesäulen dann nicht nutzbar. Da hilft nur eins: Polizei anrufen und abschleppen lassen. Sobald der Akku leer ist, gilt dies ganz offiziell als Notfall und es besteht Grund für die Polizei, das Abschleppen anordnen zu lassen. Einige Gemeinden verteilen mittlerweile Knöllchen und lassen ebenfalls abschleppen. Auch nicht ladende eAutos auf Ladesäulenplätzen sind unschön: Hier liegt meist jedoch kein Grund für ein Knöllchen vor, da die Beschilderung nicht zwangsläufig einen Ladevorgang voraussetzt.

Das Fazit

Eletroautos machen Spaß und sind für einige sinnvolle Autos. Der Gesetzgeber muss massiv nachbessern, wenn zukünftig mehr elektrische PKW unterwegs sein sollen. Auch die Autohersteller sind gefragt Mobilitätskonzepte anzubieten und sich nicht auf das Biegen von Blech reduzieren wollen. Hier nimmt Tesla definitiv eine Vorreiterrolle ein. Nichtsdestotroz gibt es mit Hyundai, Kia und auch Nissan solide Autos zu fairen Preisen. Wenngleich hier der Vorteil Teslas leider wegfällt: Die Ladesituation im öffentlichen Raum nimmt schnell irrwitzige Züge an.

Elektroauto Ladesäule
Das Leben mit dem E-Auto kann wirklich schön sein. Ist es in der Praxis aber nicht immer... (Bild: Pixabay, Autor: Joenomias, Lizenz CC0 Creative Commons)

Auch der Autofahrer steht in der Schuld umzudenken: Nicht mehr einmal die Woche volltanken, sondern immer wenn es möglich ist anstecken. Die Infrastruktur (billige AC-Lader statt teurer Schnelllader) wäre in der Praxis einfach umzusetzen und kostenarm. Wenn die Abrechnung nun fair von statten geht und ohne langwierige Anmeldeprozesse funktioniert, kann die Elektromobilität ein Bestandteil zukünftiger Mobilitätskonzepte sein.

Disclaimer

Zum Schluss kann ich noch mal den Hyundai Ioniq als Einstieg in die Welt des elektrischen Fahrens empfehlen! Ein wirklich gutes Auto, das nicht zwanghaft modern ausschaut, ausreichend Platz anbietet und ein unschlagbares Preisleistungsverhältnis offenbart. Vereinbart dazu mal eine Probefahrt und probiert es einfach mal aus. Rund um Köln kann man dies besonders gut beim Leverkusener Hyundai Händler Autohaus Schäfer und im Süden der Republik beim Autohaus Sangl in Landsberg im Lech. Die Verkäufer kennen sich bei beiden Häusern gut aus und können auch gezielte Fragen beantworten. Keiner der Händler gewährt mir eine Provision oder sonstige Zahlungen. Sie sind das Ergebnis meiner eigenen Erfahrungen beim Kauf eines eAutos.

Benjamin Mewes

Technikbegeistert und programmieraffin seit den wilden Jugendtagen (QBasic, Delphi, R, Python, Fortran 77, Java). Heim-Automatisierung mit HomeKit und alles rund um macOS und iOS sind meine Steckenpferde!

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