Meinung

E-Scooter-Verbot in Bahnen – Regulierungswahn?

Es muss gemeckert werden - doppelt: Über Verkehrsbetriebe und die "Berichterstattung"

Die letzte Meile mit dem eigenen E-Scooter, Verzeihung – E-Tretroller? Schlecht möglich, wenn man die Teile nicht mitnehmen darf. Ein Verbot ist also nicht gerade eine Kleinigkeit. Zum Verbot bei den Kölner Verkehrsbetrieben (KVB) zum 1. März gab es auch allerlei, sagen wir mal Berichterstattung. Ich würde sagen: Wiederkäuen einer Pressemeldung.

E-Scooter-Verbot

In Köln ist nun also das Mitnehmen von E-Tretrollern verboten – tendenziell überall in Deutschland. E-Tretroller, weil E-Scooter auch die Gefährte mit den drei Rädern genannt werden. Grund dafür ist ein Gutachten der Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen mbH (STUVAtec) im Auftrag der Hochbahn Hamburg. Zu finden ist dies auf der wundervollen Seite Frag-den-Staat.de. Noch genauer: Die Studie war Anlass für eine Pressemeldung des VDV, dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, und auf dessen Empfehlung bezieht sich zum Beispiel die hiesige KVB in ihrer Ankündigung.

Der Anlass: Es habe in letzter Zeit mehrere Brandfälle von E-Tretrollern im ÖPNV gegeben. Die eigentliche Begründung für das Verbot: An die Akkus von E-Tretrollern werden keine so konkreten Ansprüche gestellt, wie zum Beispiel an die von E-Bikes und -Scootern – die sind nach wie vor erlaubt.

Die Theorie, fehlende Anforderungen, ist tatsächlich korrekt. Die Praxis wird in der Studie ebenfalls behandelt, es werden die Brandfälle aufgezählt – in Deutschland sind es Null.

Und genau an der Stelle bin ich nicht mehr glücklich. Es werden 15 Fälle von Akku-bedingten Bränden aufgeführt, die alle von E-Bikes/Pedelecs ausgelöst wurden! Diese stärker regulierten Fahrzeuge dürfen also weiterhin in die Bahn, obwohl sie nachweislich allerlei Brände ausgelöst haben. Nun, in anderen Ländern ließen sich durchaus solche Fälle recherchieren – sehr, sehr wenige. Scooter-Brände im ÖPNV? Das Gutachten verzeichnet insgesamt 3 konkrete Fälle, zwei in England, einen in Spanien. Wenn solche Dinger nämlich hochgehen, dann meist beim Laden. Die zweite Ursache, die im Verdacht steht: Tuning – was wiederum für alle Fahrzeuge gleichermaßen gelten dürfte.

Es ist die typische Überregulierung von völlig verängstigten Behörden.

Regulierungen sollen Risiken minimieren. Und da im öffentlichen Dienst der eigentliche Dienstherr die Angst vor Klagen und Wehwechen ist, wird versucht, jedes Risiko auszumerzen. Darum werden ÖD’ler auch niemals Bürokratie abbauen, mein Wort drauf. Das würde nämlich heißen, dass sie Risiken eingehen müssten, noch dazu solche, die man ja schon ausgemerzt hatte … (Und bevor wieder die Reflexbeißerei anfängt: Nein, das ist nicht „wieder typisch deutsch“, das ist typisch Bürokraten – in anderen Ländern sieht es auch nicht besser aus.)

Klar höre ich jetzt schon das übliche „Wie viele Unfälle muss es denn erst geben bevor der Staat eingreift?“ Keine Ahnung – aber mehr als Null. No Risk – No Fun! Schon mal gehört? Das gilt auch für Bürokratieabbau, Verkehrswende, Bauvorhaben und und und.

Ich zitiere mal drei Punkte aus dem Fazit der Studie:

„Aufgrund der Elektrifizierung der Fortbewegungsmittel Fahrrad und Tretroller wird eine neue Brandlast in die Fahrzeuge des ÖPNV eingebracht, die es bisher nicht gab, da die klassische Form der Fahrzeuge nur mit Muskelkraft angetrieben wurde.“

Hier ist auch vom Fahrrad die Rede!

„Bisher wurden in Deutschland keine Brandereignisse mit Elektrokleinstfahrzeugen in Fahrzeugen oder Gebäuden des ÖPNV festgestellt. Entsprechende Vorfälle haben sich bisher in Deutschland vorwiegend im privaten Umfeld – meist während des Ladevorgangs – ereignet.“

Das klingt jetzt nicht nach „WIR MÜSSEN ALLE STERBEN“, oder?

Und abschließend:

„Aktuell ist die Datengrundlage für eine seriöse Ermittlung oder zahlenmäßige Abschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Brandereignisses in einem Fahrzeug noch nicht ausreichend, sodass die weitere Entwicklung abzuwarten ist.“

Das ist was ich meine: Die Grundlage für eine seriöse Ermittlung ist nicht gegeben – also besser verbieten. In meiner Welt bräuchte man eine vernünftige Grundlage, um Dinge zu verbieten, nicht, um sie zu erlauben.

Die lieben Medien …

Und was macht die Presse? Nur mal exemplarisch: Kölner Stadt-Anzeiger, T-Online, soköln, Verliebtinkoeln, Radio Berg und der elende Express berichten darüber – und alle recyclen nur die Inhalte der Pressemeldung der KVB. Sie beziehen sich nicht auf die Pressemeldung des VDV und schon gar nicht auf das Gutachten der STUVAtec. Es gibt ausschließlich im Konjunktiv gehaltene KVB-Inhalte. Und ausschließlich T-Online benennt eine Quelle – niemand sonst hat auch nur einen Link in die Artikel gesetzt. General-Anzeiger und Chip beziehen sich immerhin auf das VDV-Statement.

Ja, manchmal ist das so okay, zumindest mit Quellenangabe. Ich selbst habe Ende der 90er in der Lokalredaktion der Lüdenscheider Nachrichten gesessen, Vorpraktikum fürs Studium, und Pressemeldungen derart verarbeitet. So Dinge in der Art wie: „Laut Dackelverein Lüdenscheid Untenlinkssüdosten sei das Sommerfest ein voller Erfolg gewesen.“

Aber hier handelt es sich um ein Verbot von E-Tretrollern in öffentlichen Verkehrsmitteln. Öffentliche Verkehrsmittel, die attraktiver werden sollten, indem man die letzte Meile per E-Tretroller zurück legen kann. Das ist keine Kleinigkeit und da würde ich mir zumindest ein, zwei Sätze der Einordnung wünschen. Und ich meine auch, dass Links auf die Quellen nicht fehlen dürften.

Was meint Ihr zu dem Thema? Und wenn Euch Scooter einfach nur nerven, dürft Ihr Euch auch gerne auskotzen ;) Ich musste mir jedenfalls einen zulegen, weil mich eine Sanierung für zwei Jahre Park- und Arbeitsplatz (also nur den Ort …) kosten wird. Es ist folgender geworden, Bericht folgt – bei Fragen, fragen:

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Mehr zum Thema Medienkompetenz.

Das Einstiegsbild wurde mit YouCam AI Image Generator erstellt.

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

5 Kommentare

  1. Wer
    verbrennungsfreie Motoren propagiert, dazu die Umwelt höher hält als der wirkliche Entwicklungsstand und Fortschritt hergibt, darf sich nicht wundern, wenn außer E- Motoren und Akkumulatoren nun auch noch die Gemüter überhitzen.

    Man hat langsam den Verdacht, dass nach Jahren von krampfhafter, fragwürdig technologischer Entwicklung, und einem überproportional, ja schon fast hysterischen gesellschaftlichen Spieltrieb, am Ende nur noch ein Hauch von Innovation und greifbarem Erfolg geblieben sind.

    Das Problem ist, dass Akzeptanz beim Bürger für neue Technologien erwartet und alternativlos eingefordert wird. Letztendlich ist aber auf der anderen Seite, Niemand wirklich dazu bereit, entsprechende greifende Schutzmechanismen für die Allgemeinheit zu erarbeiten, noch irgendwelche verträgliche Übergangslösungen bereit zu halten.

    Diese Diskrepanz sorgt in vielen Bereichen für Unmut und Unverständnis, da es nicht nur ein einzelnes Problem darstellt, sondern wie ein roter Faden, sich mittlerweile Besorgniserregend durch unendlich viele Themen Bereiche dieser Gesellschaft zieht…

    Zum Anderen sind z.B. E- Roller „motorisierte Fahrzeuge mit Straßenzulassung und Versicherungspflichtig“!

    Wir berufen Uns ständig auf die Vergangenheit wenn es darum geht Dinge besser zu machen als früher, übersehen aber immer wieder wichtige, damit im Zusammenhang stehende Fakten. Wann…, war es jemals einem Fahrgast gestattet, ein Mofa oder Moped in der Bahn (TRAM) zu transportieren?

    Das ging wenn überhaupt, nur auf den Hauptstrecken der DB und dort auch nur in gesonderten Transport-Wagons, aber selbst dort, Nie im Fahrgäste- Bereich. Ist das so schwer zu Verstehen?

    Wir gehen den falschen Weg, wenn wir hier egozentrischen E-Bike Zeitgenossen Platz machen auf Kosten der Fahrgäste, die immer wieder mit Verletzungsgefahren in Bereichen konfrontiert werden, wo solche Fahrzeuge „Damals wie auch Heute“ nichts, aber auch gar nichts verloren haben! Dabei macht es für mich keinen Unterschied, ob man einem Fahrgast mit seinem höflichen Verhalten gleich 2 Sitzplätze vorenthält, seine schmutzigen Räder an dessen Hose lehnt oder ihm den Lenker in den Rücken rammt; – um einmal ein paar Beispiele zu benennen.

    Ich bin selbst Bahn Fahrer und sehe mittlerweile fast täglich solche Verhaltensmuster, hier in Berlin. Leider muss auch ich immer öfter beobachten, wie unverschämt und Rücksichtslos solche Aktionen gegenüber dem Fahrgast ablaufen. Es wird dabei immer wieder vergessen
    dass das Mitführen von „Rädern“ (ohne E-) in Bahnen ursprünglich nur ein zeitlich befristetes entgegenkommen der ÖNV Betreiber war; – das man auch wieder entziehen kann, und ggf Neu verhandelt werden muss.

    Die Bahn sollte mit ihren Transportmöglichkeiten in erster Linie immer noch den Fußgängern vorbehalten sein. Wir täten gut daran Prioritäten zu setzen, dass die Bahn nicht zum Rummelplatz mutiert. Aufgrund der Energie-Krise sehen wir außerdem Zeiten entgegen, wo nicht einmal mehr der reguläre Personen- Transport mit öffentlichen Beförderungsmöglichkeiten auf Dauer gewährleistet werden kann…

    Und um es einmal ganz Trivial im heutigen Slang auf den Punkt zu bringen – besonders für alle Unbelehrbaren, in Sachen Ressourcen- Verschwendung:

    “ Wer bereits schon einen Akku – betriebenes E- Bike benutzt, der braucht das nicht auch noch mit der Bahn zu Transportieren und anderen Fahrgästen den verdienten Feierabend Sitz-Platz blockieren. Außerdem doppelte CO2 Emissionen verursachen “ (Bahn + E-Bike) !! NOGO!

    Auch das wäre schlichtweg pure Verschwendung von Ressourcen und schon nicht mehr akzeptabel..

    Nun ja,

    Nummer 5 lebt noch …

  2. Ich habe für dieses Vorgehen absolutes Verständnis.
    Da ich beruflich mit Batterien zu habe, kann ich aus eigener Erfahrung sagen, das bei einem Zwischenfall in geschlossenen Räumen es wirklich um Sekunden geht. Wir hatten Probleme, die nur ca. 5 m entfernte Tür zu erreichen. Möchte mir nicht ausmalen, wie es in einem Bus zugeht. Das Problem sind die Dämpfe !!

    1. Keine Frage, wenn es denn zu einem Brand käme, wären die Probleme groß – insbesondere, wenn das in einem Tunnel passieren würde. Mir geht es wirklich nur um die Eintrittswahrscheinlichkeit, nicht die Schadensschwere.

  3. Man kann sich vorstellen wenn jeder Fahrgast in Bahnen seinen e-scooter oder Tretroller mitnimmt, wie groß dann die Bahn werden müsste. Klar dass das verboten ist, genau so wie übrigens Fahrrad mitnehmen verboten sein sollte, oder nur gegen Gebühr in einem extra mitgeführten Waggon mitgenommen werden könnte. Alles Andere wäre unlogisch.

    1. Zumindest für die Rush-Hour würde ich das unterschreiben – im Prinzip gibt es die KVB zum Beispiel auch so an: „Fahrräder werden dann befördert, wenn im Fahrzeug geeignete Abstellmöglichkeiten bestehen bzw. wenn die Platzsituation dies zulässt.“ Aber natürlich habe ich auch schon in KVB-Bahnen gestanden, aus denen erst 20 Leute aussteigen mussten, um einen Radfahrer aussteigen lassen zu können …

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