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Historische Fotos: Macworld Expo 2004 in Paris

Wooohooo... es gibt ja viele Methoden, um sich schnell und zuverlässig alt zu fühlen, doch das ist eine der besten: Man öffne seine Fotos-App auf dem Mac und scrolle gaaaaaanz nach oben. Da findet man sie dann, die alten Bilder. Ich habe mir mal den Spaß gegönnt, bei einigen inzwischen wohl historischen Fotos von einem echten Mac-Event anzuhalten. Steve Jobs war damals krank, Phil Schiller stellte den iMac G5 vor. Das waren noch Zeiten: Ich hatte noch Haare auf dem Kopf und Apple-Neuheiten versetzten uns ins Staunen. Hipster gab es noch nicht und das Internet war auch ein besserer Ort, ganz ohne Facebook und den ganzen Schmu. Hach, süße Erinnerungen. Aber seht selbst...

Von iPhone und Macbook Pro konnte man nur träumen

Was waren wir jung damals. Und trotzdem war alles irgendwie wie heute. Gut: Statt eines iPhones hatte ich das olle Ericsson T810, immerhin schon mit Kamera und Farbdisplay. Und während manch einer noch auf sein PC-Notebook fluchte, konnte ich mit meinem iBook G4 tatsächlich produktiv arbeiten. Könnte ich heute wohl eher nicht mehr. Jedes China-Rödel-Tablet hat einen besseren Bildschirm und ist leistungsstärker. Ich weiß nicht, was das iBook G4 brachte, aber es reichte immerhin, um Warcraft III zu spielen. Einen iPod hatte ich damals übrigens noch nicht: Musik wurde von Minidisk gehört oder direkt von der 40-Gigabyte-Festplatte des iBooks. Natürlich in bester 128 KBit/s-Qualität...

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Mit vier Megapixeln war die Konica Revio 420Z damals mit das Beste, was man für 400 Euro kriegen konnte. Ich hatte meine dabei, was auch der Grund dafür ist, dass es keine Bilder von Phil Schiller auf der Bühne gibt: Die Kamera hat es einfach nicht geschafft.
Ein iBook Clamshell in freier Wildbahn (links). Sieht man selbst in Hipstercafés nur noch selten.
Ein Powerbook G4 in freier Wildbahn (links). Sieht man heutzutage selbst in Hipstercafés, wo ständig Nokia-Handys rumliegen, nur noch selten.
Die Finger flogen nur so über die Tasten für die Online-Berichterstattung...
Die Finger flogen nur so über die Tasten für die Online-Berichterstattung...
Ich arbeitete damals an einem iBook G4 mit 1,33 Gigahertz, einem Gigabyte RAM und einem ausgesprochen lausigen Display.
Ich arbeitete damals an einem iBook G4 mit 1,33 Gigahertz, einem Gigabyte RAM und einem ausgesprochen lausigen Display. Aber dafür gab es (fast) alle Anschlüsse, die das Herz begehrt.
Draußen warb ein großes Banner für die Veranstaltung. Mit dem iPod.
Draußen warb ein großes Banner für die Veranstaltung. Mit dem iPod.
Das war der Knüller auf der Keynote 2004: Der iMac G5 im neuen Design. Das hat sich bis heute kaum geändert.
Das war der Knüller auf der Keynote 2004: Der iMac G5 im neuen Design. Das hat sich bis heute kaum geändert. Aber: Das Ding war der Bringer, der leistungsstärkste Mac aller Zeiten. Und man konnte, anders als bei allen Folgemodellen, noch selbst schnell die Festplatte wechseln.
Das gute Stück konnte sofort ausprobiert werden...
Das gute Stück konnte sofort ausprobiert werden. Die Maus hatte übrigens nur eine Taste.
... allerdings waren sofort harte Nerds zur Stelle, die sich an das Gerät heranpirschten wie Gollum an seinen Schatz. Irgendwie amüsant.
Allerdings waren sofort harte Nerds zur Stelle, die sich an das Gerät heranpirschten wie Gollum an seinen Schatz. Irgendwie amüsant.
Die Kollegen waren fleißig, WLAN war sogar damals schon gratis.
Die Kollegen waren fleißig, WLAN war sogar damals schon gratis.
Später in der Presse-Lounge wurde gebloggt oder so.
Später in der Presse-Lounge wurde gebloggt oder so.
Aber genug der Arbeit: Anschließend gab es Paris, inklusive Besteigung des Eiffelturms. Hübsches Foto, oder?
Aber genug der Arbeit: Anschließend gab es Paris, inklusive Besteigung des Eiffelturms. Hübsches Foto, oder?

12 Jahre später: Apple stirbt

Wie Ihr seht, hatte ich Spaß auf dieser ersten und einzigen Apple-Keynote damals. Es ist unglaublich, dass das schon 12 Jahre her ist. Der Blick in den Spiegel verrät allerdings: Jepp, 12 Jahre. Die haben sich natürlich eingebrannt. In dieser langen Zeit habe ich jede Keynote Live im Netz verfolgt und mich darüber gefreut, dass Apple wieder und wieder tolle Dinge auf den Markt brachte. 2004 war vor dem großen Apple-Boom, der erst 2006 mit den Macbooks und dem Intel-Umstieg einsetzte. Plötzlich kamen – auch dank Bootcamp – immer mehr Windows-Menschen rüber zu uns Mac-Freaks. Damals allerdings war man eine eingeschworene Gemeinde, die Kleinen, die sich gegen die großen (Microsoft und seine Fans) zur Wehr setzten. Software unter OS X war schwer zu kriegen, der Mac war ein Nischensystem mit einem Marktanteil ähnlich Linux. Wer einen PC besaß, schüttelte nur den Kopf: Wieso sollte jemand diese Exoten-Hardware mit diesem seltsamen Betriebssystem verwenden? Von einer Firma, die nur zu oft schon kurz davor stand, den Löffel abzugeben? Schlimm genug, dass sie seither den Stil der Keynote-Videos nicht geändert haben:

https://www.youtube.com/watch?v=WTjQsIwt6lA

Die guten Zeiten sind vorbei

Diese Zeiten sind leider längst vorbei: Tim Cook ist eine Schnarchnase, die Apple-Keynotes längst nicht mehr das, was sie mal waren. Und ich, der damals ein bescheuertes T-Shirt – das ich übrigens immer noch besitze –, eine bescheuerte Frisur und Lederarmbänder trug, wusste nicht, dass ich gerade den Aufstieg von Apple erlebte, ja irgendwie Teil einer Revolution war. Denn das Apple-Konzept – Innovation durch Simplizität, Bedienbarkeit durch schlüssige Logik, ein relativ hoher Preis für ausgezeichnete Qualität – hat sich inzwischen über die ganze Industrie hinweg verbreitet. Waren PCs früher noch Rödelkisten, sind sie in vielerlei Hinsicht mit Macs gleichgezogen. Insofern hat Apple es schon irgendwie geschafft, die Welt zu verändern. Dummerweise scheint Apple selbst sich, abgesehen vom Preis, nicht mehr dran zu halten. Und so schaue ich traurig auf die vergangenen Zeiten zurück, als die Firma Apple noch ein cooler Underdog war – und ich nicht mehr als ein schlecht angezogener Student mit dem Wunsch nach einem Notebook, das nicht mit Windows XP arbeiten musste.

Christian Rentrop

Diplom-Journalist, Baujahr 1979. Schreiberling in Totholzwäldern und auf digitalen Highways. Öfter auch auf der Vespa oder mit dem Wohnwagen unterwegs. Seit 2020 Tochtervater, dementsprechend immer sehr froh über eine kleine Kaffeespende.

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