Web & Netzkultur

Anleitung: So kannst Du Dich aus dem Internet löschen

Unsinn im Netz getrieben, auf Jobsuche oder in einer neuen Partnerschaft – und jetzt habt Ihr Angst, dass jemand Euch googelt? Kein Problem: Verschwindet einfach aus dem Netz!

Das Internet ist eine feine Sache. Einzig: Wer sich hier aktiv herumtreibt, hinterlässt eine breite Datenspur. Doch was, wenn wegen eines neuen Jobs, eines neuen Partners oder anderer Aktivitäten alte „Schandtaten“ aus dem Netz entfernt werden sollen? Zum Glück kann man sich in weiten Teilen selbst aus dem Internet löschen. Wir zeigen, wie es geht.

Komplette Löschung aus dem Internet: Fast unmöglich

Zunächst ein kleiner Hinweis vorab: Zwar könnt Ihr an vielen Stellen Dinge aus dem Netz löschen, allerdings habt Ihr wenig Handhabe bei Inhalten, die Ihr selbst nicht mehr kontrollieren könnt. Das können Fotos von Euch in Accounts von Freunden sein, das können aber auch Websites mit Fotos und Foreneinträgen oder Web-Archive sein, die Inhalte von Euch archivieren.
In solchen Fällen solltet Ihr Euch jeweils an den Betreiber der Seite oder des Accounts wenden, damit er oder sie diese Inhalte für Euch entfernt. Ansonsten habt Ihr aber erstaunlich viel Macht über euren Online-Fußabdruck.

5 gute Gründe für mehr Online-Hygiene

  1. Mehr Privatsphäre, da alte Inhalte nicht mehr auffindbar, nicht mehr zuzuordnen oder vollständig gelöscht sind.
  2. Mehr Sicherheit, weil Ihr im Web nicht mehr so viele Spuren hinterlasst und entsprechend weniger gefährdet für Online-Angriffe (etwa durch Social Engineering) seid.
  3. Mehr Minimalismus: Weniger Accounts bedeuten weniger Pflegeaufwand, weniger Ärger, weniger Zeitverschwendung.
  4. Mehr Sicherheit: Wer seinen Kram im Web beisammenhält, muss sich weniger Sorgen um Sicherheitslücken und Passwortsicherheit und -verwaltung machen.
  5. Mehr Lebensqualität: Keine Angst mehr, dass alte Inhalte in Job und Partnerschaft für Ärger sorgen.
Die größten Datenkraken solltet Ihr zuerst angehen.
Die größten Datenkraken solltet Ihr zuerst angehen.

Erster Schritt: Social-Media-Fußabdruck verkleinern

Gerade Twitter und Facebook, aber auch andere Social-Media-Dienste, sind Plattformen, auf denen man seiner Individualität Ausdruck verleiht. Trotzdem bergen gerade schon lang betriebene Accounts ein riesiges Potential für Ärger. Der Bundessprecherin der Grünen Jugend fiel dieser Umstand kürzlich in Form alter (und fragwürdiger) Twitter-Postings auf die Füße.

Konten-Inhalte überprüfen!

Doch auch, wenn Ihr keine politische Karriere anstrebt, können Euch alte Inhalte Eurer Social-Media-Konten ernsthafte Probleme bereiten. Denn höchstwahrscheinlich würdet Ihr Eurem jüngeren Ich heute in vielen Dingen selbst nicht mehr zustimmen.

Was also tun, um diesen Social-Media-Fußabdruck möglichst klein zu halten? Die einfachste Methode ist natürlich, Eure Accounts auf „Nicht öffentlich“ zu schalten. Besser ist es jedoch, den Account manuell durchzugehen und fragwürdige Inhalte direkt zu löschen.

Ist das Kunst oder kann das weg?
Ist das Kunst oder kann das weg?

Was nicht in Social-Media-Konten gehört

  • Provokative, unangemessene oder nicht (mehr) für Dritte geeignete Fotos und Videos.
  • Postings und Kommentare mit möglicherweise diskriminierendem, hetzerischem oder gar rassistischem/sexistischem Inhalt. Und zwar auch dann, wenn Ihr das lustig gemeint habt. Wichtig ist, dass Ihr dabei bedenkt, wie das bei anderen ankommt – nicht, wie Ihr es selbst gemeint habt.
  • Postings und Kommentare, in denen Ihr Euch über Euren Arbeitgeber, Kollegen, Nachbarn, Ex-Partner oder sonstige Euch bekannte Personen beschwert. Extra-Löschbefehl für Postings, in denen diese Menschen erkennbar sind.
  • Posts und Kommentare, in denen Ihr einfach nur schlecht rüberkommt, etwa Motz-Postings, Forderungen, zynische Kommentare oder ausgiebige Beschreibungen von Krankheiten.
  • Postings, die fremde Inhalte enthalten, um möglichen Probleme mit dem Urheberrecht vorzubeugen.
  • Postings, die Dritte als Foto oder Video enthalten, also etwa Posts, in denen Ihr Freunde oder Bekannte erkennbar ins Netz gestellt habt.

Social-Media-Konten komplett löschen

Ist Euer Konto so alt und „verschmutzt“, dass Ihr Sorge habt, nicht alle anstößigen oder „gefährlichen“ Inhalte zu finden? Dann wäre es wahrscheinlich angebracht, das alte Konto zu löschen und ein neues anzulegen. Im Folgenden findet Ihr die Links zur Kontolöschungs-Anfrageseite der einzelnen Dienste.

In manchen Fällen müsst Ihr das Konto zunächst deaktivieren, es wird dann nach einem gewissen Zeitraum automatisch gelöscht. Es gibt aber auch Anbieter, bei denen Ihr eine Anfrage an den Support schreiben müsst. Für Social-Media-Dienste sind Benutzer die Handelsware – genau deshalb verstecken sie die Löschfunktion nicht selten oder bauen psychologische Hürden ein.

Zweiter Schritt: Ungenutzte Messenger aufräumen und löschen

Als nächstes solltet Ihr einen Blick auf Eure Messenger werfen. Egal ob WhatsApp, Facebook-Messenger, Telegram, das gute, alte ICQ oder auch vermeintlich sichere Dienste wie Signal oder Threema: Hier seid Ihr auffindbar, auch wenn Ihr den Dienst vielleicht schon länger nicht mehr nutzt. Ihr solltet aber manuell nachhalten, gegebenenfalls noch einmal die App installieren und anschließend alles löschen, was Ihr nicht mehr braucht. Die meisten Messenger-Dienste besitzen in den Einstellungen die Möglichkeit, das Konto komplett zu löschen. Manche Dienste löschen nach einer gewissen Zeit der Inaktivität sogar automatisch. Fokussiert Euch ab sofort nur noch auf Messenger, die Ihr wirklich benötigt – und löscht auch hier von Zeit zu Zeit abgelaufene Konversationen.

Telegram ist so freundlich, ungenutzte Konten automatisch zu löschen.
Telegram ist so freundlich, ungenutzte Konten automatisch zu löschen.

Dritter Schritt: Cloud-Dienste säubern/löschen

Ähnlich wie Social Networks sind auch Cloud-Dienste einem gewissen Kommen und Gehen unterworfen. Heute noch angesagt, ist kurze Zeit später der Konkurrenzanbieter besser oder preiswerter. Und so kommt es, dass Daten nach und nach über eine Vielzahl von Cloud-Diensten verstreut sind. Das belastet im Zweifel Euren Rechner, da mehrere Synchronisations-Tools im Hintergrund arbeiten.

Zusätzlich exponieren Euch überflüssige oder ungenutzte Cloud-Konten auch für Angriffe durch Sicherheitslücken oder schwache Passwörter. Insofern: Was Ihr nicht mehr braucht, weil es redundant ist, kann weg! Zunächst solltet Ihr Euch zunächst für einen Cloud-Anbieter entscheiden und dort alle Daten und Dateien ablegen, die Ihr behalten wollt. Anschließend könnt Ihr Euch ans Löschen der Inhalte in den alten Konten machen und danach die Accounts löschen.

Löscht alle Cloud-Inhalte und -Accounts, die Ihr nicht mehr braucht.
Löscht alle Cloud-Inhalte und -Accounts, die Ihr nicht mehr braucht.

Vierter Schritt: Andere Online-Konten säubern und entfernen

Neben Euren Social-Media-Konten gibt es natürlich noch reihenweise andere Accounts, die sich im Laufe der Zeit ansammeln, etwa Foren-Accounts, E-Mail-Konten oder Webshop-Konten. Diese hier im Einzelnen aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Gerade Webforen stellen sich wegen der Logistik oft quer, Konten vollständig zu löschen. Hier könnt Ihr aber die Admins darum bitten, Euer Konto zu anonymisieren, indem ein unverfänglicher Benutzername gewählt wird und alle persönlichen Infos auf dem Account entfernt werden. So bleiben Eure Diskussionsbeiträge Teil der Community, Ihr selbst werdet aber unsichtbar.

Fünfter Schritt: Unsichtbar werden

Nachdem Ihr alle unnützen Online-Konten gelöscht habt, könnt Ihr Euch an die Beseitigung von persönlichen Informationen machen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn Ihr zum Beispiel gestalkt werdet oder einfach nicht gefunden werden wollt. Betreiber einer eigenen Website haben hier das Nachsehen: Durch die Impressumspflicht ist es leider nicht möglich, völlig unterzutauchen, da Ihr dort Eure Kontaktdaten angeben müsst. Ihr könnt aber zum Beispiel dafür sorgen, dass Eure Website von Suchmaschinen ignoriert wird – oder die direkt Eure Website ins Darknet umziehen.

An anderer Stelle ist das einfacher: Tilgt Euren „Realname“, also Euren echten Namen sowie Daten wie Telefonnummer, typische Benutzernamen/Online-Identitäten und natürlich E-Mail-Adresse und Telefonnummer aus so vielen Diensten und Websites wie möglich. Verwendet für jeden Dienst, jedes Forum und jede andere Online-Aktivität ein eigenes Pseudonym, um die Suche nach Euch maximal zu erschweren.

Sechster Schritt: Caches und Historys löschen

In Accounts, die Ihr behaltet – etwa Google- und Microsoft-Konto oder Eurem Amazon-Account – könnt Ihr natürlich ebenfalls ein wenig aufräumen. Gerade Google sammelt am laufenden Band Daten, die Ihr aber recht elegant automatisch löschen lassen könnt. Auch Microsoft ermöglicht so etwas, die Funktion ist direkt in Windows integriert. Bei Amazon könnt Ihr zumindest Eure Browsing-History löschen. Bei anderen Diensten und Anbietern müsst Ihr schauen: Entsprechende Lösungen gibt es aber – „dank“ DSGVO – inzwischen überall.

Dinge wie die Browsing-History bei Amazon müssen ja nicht sein.
Dinge wie die Browsing-History bei Amazon müssen ja nicht sein.

Siebter Schritt: Suchmaschinen bereinigen

Zuguterletzt ein Blick auf die Suchmaschinen: Sucht zunächst nach Eurem Namen und euren bekanntesten Pseudonymen, sowohl in der normalen, als auch in der Bilder- und Videosuche. Anschließend könnt Ihr die Suchmaschinen bitten, unpassende Ergebnisse zu löschen. So manche Suchmaschine hält alte Daten noch lange im Cache, zusätzlich gibt es Web-Archive wie Archive.org, die die Datenlöschung erschweren. Zum Glück haben Google, Bing und Archive Funktionen, um Daten zu löschen. Allerdings nur, wenn die Seiten nicht mehr online oder für Crawler gesperrt sind:

  • Bei Google müsst Ihr diese Seite hier aufrufen und Google über veraltete Suchergebnisse informieren, um Google-Ergebnisse entfernen zu lassen.
  • Auch Bing hat ein ähnliches „content removal tool„: Auch hier könnt Ihr zu entfernende URLs melden.
  • Bei der Wayback-Machine von Archive.org könnt Ihr eine E-Mail mit der zu entfernenden URL an info@archive.org schicken.

Fazit: Was weg ist, ist weg!

Das war es auch schon: Mit den oben genannten Maßnahmen entfernt Ihr große Teile der Daten, die über Euch im Internet vorhanden sind. Natürlich ist es heutzutage schwer, komplett auf bestimmte Accounts zu verzichten. Allerdings ist es immer sinnvoll, redundante oder nicht mehr verwendete Services zu entfernen. Gerade im Internet gilt Weniger ist mehr – und je weniger Informationen Ihr durch Konten-Anmeldungen oder Social-Media-Nutzung preisgebt, desto weniger müsst Ihr später aufräumen.

Christian Rentrop

Diplom-Journalist, Baujahr 1979. Erste Gehversuche 1986 am Schneider CPC. 1997 ging es online. Seither als Schreiberling in Totholzwäldern und auf digitalen Highways unterwegs. Öfter auch auf der Vespa oder mit dem Wohnwagen unterwegs. Seit 2020 Tochtervater, dementsprechend immer sehr froh über eine kleine Kaffeespende.

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für die Tipps!
    Ein Freund von mir hat ziemlichen Unfug vor paar Jahren betrieben (unnötige Youtube Videos)
    Diese Spuren möchte er jetzt löschen.
    LG

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