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Test: So gut sind die YPS-Smartphone-Linsen für 6,50 Euro (Gimmick #1274)

Das letzte YPS-Heft habe ich irgendwann Anfang der 1990er mit 12 Jahren gekauft. Es kostete 3,50 DM, das weiß ich noch, und drin war irgendein gelbes Plastikspielzeug, das im Wasser riesig wurde. Dann kam die Pubertät, das Tüftelheft YPS war nach Jahren treuer Leserschaft blöd und wurde dann auch irgendwann eingestellt. Irgendwann wurde es dann als pseudoironisches Hipstermagazin für nostalgisch-verspiele Großstadtmänner mit Entwicklungsstörung neu aufgelegt. Obwohl Zielgruppe, habe ich das Heft, inzwischen 36, auch weiterhin ignoriert. Bis zu diesen blöden Smartphone-Linsen in Ausgabe Nr. 1274. Die musste ich dann doch haben – um sie für Euch zu testen.

Retro-Heft, Retro-Humor…

Nun also doch wieder YPS. Ein Vierteljahrhundert ist seit der letzten Ausgabe vergangen. Und der Preis ist dabei magisch von 3,50 DM auf 6,50 Euro angestiegen. Außen ein deutlich hochwertigeres Gimmick als früher, in diesem Fall die Linsen. Drinnen im Heft dann eine bunte, magazinige Mischung aus Artikeln über Retro-Fußball, Retro-Bastelei, Retro-Lego-Figuren, Retro-Motorräder und neu aufgelegte Retro-Videospiele (Doom), dazwischen bemüht-ironische Leserbriefe, eine Witzeseite (!) und hintendran Comics aus der guten alten Zeit. Der Schreibstil ist ebenfalls Retro und manifestiert sich irgendwo zwischen den manisch-humorigen FHM-Ausgaben der Jahrtausendwende und meinem „Die 1000 besten Witze“-Humor einer Achtzigerjahre-Grundschulzeit in der Bundesstadt Bonn – Fips Asmussen lässt grüßen. YPS allerdings bietet weder die lässige Nichterotik von Jeanette-Biedermann-Halbnacktbildern, noch so die zuverlässige Nichtlustigkeit des konsequenten Komikers aus Hamburg und ist damit nach kurzem Blättern und Querlesen vor allem eines: Nicht meins, auch wenn die inhaltliche Zusammenstellung interessant ist. Wichtig waren mir aber eh nur die Smartphone-Linsen. Die wollte ich – und nichts anderes!

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Die Yps-Linsen sind hübsch verpackt…

YPS-Smartphone-Linsen: Makro, Weitwinkel und Fischauge mit Kniff

Die drei Linsen für Makro, Weitwinkel und Fischauge sind zusammen mit dem Clip ähnlich einer Actionfigur verpackt. Das Auspacken fällt dementsprechend leicht. Die Montage schon weniger: Zwar ist das Plug-and-Play-Konzept recht simpel, allerdings beschleicht mich das Gefühl, irgendwas falsch gemacht zu haben. Der Blick ins Heft gibt wenig Aufschluss, die Einzelseite mit der „Anleitung“ ist kaum mehr als eine Übersicht über die Linsen – und damit im Grunde Blödsinn, weil das ja auch auf der Packung steht. Nun denn. Ich habe es dann mit ein wenig Herumprobieren doch noch verstanden: Die Makrolinse und die Fischaugen-Linse können direkt auf die Klammer gesteckt werden, die Weitwinkel-Linse bei Bedarf auf die Makro-Linse. Anschließend kann man den Linsenclip dann auf die Smartphone-Kamera klemmen. So weit, so einfach.

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… und ausgepackt wunderbar handlich.

Qualität OK – für den Preis

Die Qualität der Linsen ist OK: Die Hartplastik-Ringe mit Plastik-Linsen und der Clip wirken solide, erinnern mich in ihrer Haptik aber an das Spielzeug aus meiner aktiven YPS-Zeit zwischen 1986 und 1991. Ehrlich: Ich weiß nicht, wann ich zuletzt Plastik dieses Typs und dieser Farbe in der Hand hatte, aber es wirkt wie aus den Achtzigerjahren in die Gegenwart gebeamt. Insgesamt geht das aber klar, zumal die Linsenkörper erstaunlich klar und gut verarbeitet sind. Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, mal Google anzuschmeißen und zu schauen, um was für ein Fabrikat es sich wohl handeln mag. Bei Primark (buh!) gibt es wohl ein vergleichbares Produkt für 6,50 Euro, allerdings mit leicht besserer Verarbeitungsqualität, wie man an den Detailbildern sehen kann. Immerhin: Die Kohle für das YPS-Magazin habe ich mit den Linsen schon fast voll rausgeholt, das obskure „Kult-Magazin für Erwachsene“ mit seiner fragwürdigen Nostalgiesimulation war also quasi gratis.

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Leider zieht das Plastik Staub magisch an. Man sollte also ein Mikrofasertuch zur Hand haben.

Die Makro-Linse kann überzeugen

Zunächst habe ich die Makro-Linse auf den Clip gesteckt und getestet. Die Ergebnisse können sich erstaunlicherweise sehen lassen: Die Makro-Linse gleicht am iPhone 6S tatsächlich eine der klassischen Schwächen der iPhone-Kamera, nämlich den fehlenden Makro-Modus, aus. Zwar ist es etwas knifflig, den Fokus richtig zu setzen, da der Autofokus der iPhone-Kamera natürlich nicht dafür gedacht ist, durch Zusatzlinsen zu fotografieren. Zudem verlangt die starke Vergrößerung nach absoluter Windstille und einem ruhigen Händchen. Hat man es aber einmal heraus, gibt es erstaunlich ansprechende Ergebnisse, wie die folgenden Bilder belegen:

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Winzige Blüten werden mit der Makrolinse riesengroß…
YPS_Makro2
… allerdings sind ein ruhiges Händchen und Windstille gefragt.
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Die YPS-Makrolinse zeigt Details, die die Kamera sonst nicht schafft…
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… und rückt Kleinkram selbst bei schlechtem Licht noch richtig in den Fokus.

Fischauge und Weitwinkel funktionieren, aber…

Nächster Schritt: Die Fischaugen-Linse und das Weitwinkel. Letzteres muss einfach auf die bereits an der Klammer montierte Makro-Linse aufgesteckt werden. Das Ergebnis ist, nunja, irgendwie ziemlich ernüchternd. Zwar verweitwinkelt die Linse tatsächlich die 35mm-Optik des iPhone-Objektivs. Allerdings zieht sich auch ein roter Ring ums Bild, der den Effekt dann unnötig einschränkt. Sicher: Auf dem Foto ist mehr sichtbar, trotzdem muss der Bereich ja anschließend ausgeschnitten werden, wodurch der Aufsatz zumindest auf einem 35mm-iPhone eher sinnfrei ist.
Die separat an der Klammer montierbare Fischaugen-Linse bietet einen deutlich größeren Weitwinkel, der genau wie bei „echten“ Objektiven dann die Krümmung gerader Linien und damit den Fischaugen-Effekt bedingt.

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Zunächst das Original ohne Yps-Linse…
YPS_Weitwinkel_2
… dann das Weitwinkel-Objejtiv, das nur eine minimale Verbesserung bringt…
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… und zuguterletzt das Fischauge, das einen ansprechenden Bildeffekt erzielt.

Fazit: Für 6,50 Euro kein Schnäppchen, aber eine nette Spielerei

Insgesamt sind die YPS-Linsen „Fischauge“ und „Makro“ am iPhone 6S durchaus brauchbar, zumal die einfachen Plastiklinsen das Smartphone-Kamera nicht unnötig verdunkeln. Aufnahmen bei schlechtem Licht bleiben also möglich. Der zugehörige Clip erlaubt das schnelle und gefahrlose Anbringen der Linsen am Smartphone auch mit montierter Schutzhülle – ebenfalls ein Pluspunkt. Richtig gut gefallen hat mir allerdings nur die Makro-Linse, weil sie wirklich spektakuläre Nahaufnahmen ermöglicht und anders als die anderen beiden Linsen auch keinen Rand auf dem Bild hinterlassen. 6,50 Euro für das Linsenset sind in dem Zusammenhang natürlich sportlich – aber man bekommt, wenn man es denn mag, ja auch das hübsch gestaltete Heft dazu. Mit dem Makro-Objektiv werde ich allerdings in Zukunft noch ein wenig herumspielen, auch wenn das sicher nichts ist, was anspruchsvolle Fotografen zufrieden stellt.

Christian Rentrop

Diplom-Journalist, Baujahr 1979. Erste Gehversuche 1986 am Schneider CPC. 1997 ging es online. Seither als Schreiberling in Totholzwäldern und auf digitalen Highways unterwegs. Öfter auch auf der Vespa oder mit dem Wohnwagen unterwegs. Seit 2020 Tochtervater, dementsprechend immer sehr froh über eine kleine Kaffeespende.

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