Anleitung: Szenen-basierte Screenvideos und Livestreams mit OBS Studio
OBS ist die perfekte Lösung für Gaming-Live-Streams, Gesprächsrunden, Tutorials, Bild-in-Bild-Clips, Greenscreen-Effekte und so weiter - und alles ohne Schnitt!
Es gibt viele Screenrecorder - aber OBS Studio ist eine ganz eigene Angelegenheit. Es ist nicht sofort intuitiv zu bedienen und strapaziert beim Antesten zunächst die Nerven des Anwenders. Einmal verstanden wie es funktioniert, ist OBS wirklich großartig. Das Besondere: Szenen. Szenen bestehen aus mehreren Ton- und Bild-Quellen wie Fenstern, Spielen, Webcams, Mikrofonen, Mediaplayer-Ausgaben, Fotos etc. - und Ihr könnt während der Aufnahme/des Livestreams umschalten. Dazu gibt es noch Echtzeiteffekte für Audio und Video. Die Folge: Die nachträgliche Bearbeitung, also Dinge wie Schnitt oder Greenscreen-Effekt, fallen komplett weg.
Übersicht
OBS Studio ist keine ganz triviale Software und der auf Live-Action ausgelegte Workflow nicht ganz selbstverständlich. Daher ist dieser Artikel einigermaßen lang - zunächst eine Übersicht:
Linktext im Verzeichnis Workflow in Kurzform Beispielprojekt mit 2 Szenen Vorbereitungen und Einstellungen Szene 1: Desktop + Audio Szene 1: Kompressor-Filter Testaufnahme Szene 2: Fenster + Webcam Szene 2: Greenscreen-Effekt Übergänge und Aufnahme
Workflow in Kurzform
Wenn Ihr ein wenig firmer in Softwarebelangen seid und vielleicht schon Erfahrung mit Authoring-Software habt, genügt Euch gegebenenfalls schon die listenhafte Beschreibung des Workflows:
- Szene anlegen.
- Audio- und Video-Quellen hinzufügen.
- Filter hinzufügen.
- Weitere Szenen anlegen.
- Übergänge definieren.
- Aufnahme/Stream starten.
- Szenen via Übergänge wechseln.
Die Oberfläche von OBS Studio zeigt dazu (im Studio-Modus) immer zwei Szenen gleichzeitig: Links seht Ihr die Vorschau der per Mausklick ausgewählten Szene - zum Bearbeiten und Kontrollieren. Rechts seht Ihr die Szene, die aktuell aufgenommen/gestreamt wird. Und per Klick auf den Übergang-Button wird die Vorschau-Szene zur Aufnahme-Szene. Im folgenden Screenshot seht Ihr einen Überblick mit einer ausgewählten Vorschau-Szene ("VoiceMeeter-Fesnter"), deren Quellen (Webcam, Fenster, Hintergrundbild, Mikrofon), dem Übergangsbereich und einer Aufnahme-/Stream-Szene mit einem Browser-Fenster.
Beispielprojekt
Im Folgenden seht Ihr Schritt für Schritt, wie Ihr ein Projekt mit folgenden Elementen anlegt und später aufnehmt/streamt:
- Szene 1: Kompletter Desktop und USB-Mikrofon mit Kompressor-Effekt
- Szene 2: Hintergrundbild, ein Fenster, das Mikro aus Szene 1, die Webcam mit Greenscreen-Effekt
- Übergang via Swipe-Effekt
Es gibt noch viel mehr Effekte und Quellen, aber nach diesem Beispiel versteht sich der Rest von selbst.
Vorbereitungen/Einstellungen
Zunächst solltet Ihr ein paar Einstellungen setzen:
Einstellungen/Allgemein/Studio-Modus: Aktiviert den Szenenübergang per Doppelklick, dann könnt Ihr eine Szene direkt per Doppelklick in der Szenenliste in den Aufnahmebereich platzieren.
Einstellungen/Video: Stellt hier Eure gewünschte Video-/Desktopauflösung ein.
Einstellungen/Audio: Aktiviert hier Euer USB-Mikrofon. Das muss nicht unbedingt sein, hilft aber, wenn es Probleme bei der Aufnahme gibt.
Studio-Modus: Im Studio-Modus bekommt Ihr die Ansicht mit Vorschau- und Aufnahme-Fenster - aktiviert den Modus unten rechts im Hauptfenster.
Zudem müsst Ihr noch Eure Bild-Quellen vorbereiten: Öffnet sämtliche Fenster, die Ihr aufnehmen wollt (nicht minimiert), schließt die Webcam an und testet sie kurz, legt Euch ein Hintergrundbild zurecht und so weiter.
Ganz generell lohnt es sich bei echten Projekten etwas mehr Zeit in die Vorbereitung und Planung zu stecken!
Szene 1: Desktop + Mikrofon
Eine erste Szene namens "Szene" ist standardmäßig angelegt. Klickt im Quellen-Fenster auf das Plus-Zeichen und fügt zunächst die Bildschirmaufnahme hinzu.
Benennt diese erste Quelle Desktop.
Wählt anschließend den gewünschten Monitor aus, so Ihr mehrere habt. Natürlich seht Ihr hier dann die optische Rückkopplung: OBS zeigt den Desktop, der OBS zeigt, das den Desktop zeigt, der OBS zeigt ...
Klickt abermals auf das Plus-Zeichen, fügt die Audioeingabeaufnahme hinzu und nennt sie Mic 1.
Wählt wieder das passende Gerät, hier also ein USB-Mikrofon.
Damit wäre Eure erste Szene grundlegend fertig und einsatzbereit.
Szene 1: Audioeffekt
Wichtigt: Klickt nun einmal auf einen der Übergang-Buttons oder doppelklickt auf die Szene, um sie in den Aufnahmebereich zu buxieren - vorher seht Ihr die Audioquellen im Audio-Mixer nicht. Alternativ könnt Ihr die Filter auch über das Kontextmenü aufrufen, aber früher oder später muss die Vorschau halt ein erstes Mal in den Aufnahmebereich kommen.
Im Audio-Mixer könnt Ihr nun über das Zahnrad-Symbol der Mikrofonspur einen Effekt hinzufügen - hier zum Beispiel den Kompressor, um zu große Lautstärkeunterschiede im Ton zu kompensieren. Zur Erinnerung: Es sind Live-Effekte, die entsprechend auch direkt beim Streaming greifen.
Testaufnahme
Zeit für eine erste Testaufnahme - achtet darauf, dass die Szene auch wirklich im Aufnahmebereich ist, ansonsten nehmt Ihr nur ein schwarzes Bild auf.
Erst wenn die Szene auch rechts im Fenster unter Programm zu sehen ist, könnt Ihr eine Testaufnahme starten. Nur wenn diese okay ist, solltet Ihr fortfahren. Tipp: Es gibt keinen Speichern-unter-Dialog oder ähnliches, beim Stoppen der Aufnahme wird automatisch ein Video in Windows' standardmäßigen Videos-Ordner abgelegt.
Szene 2: Fenster + Webcam
Fügt nun eine zweite Szene hinzu, hier VoiceMeeter-Fenster, und benennt dabei am besten auch die erste Szene gleich mit um, etwa nach Ganzer Desktop.
Spendiert der Szene nun zunächst ein Hintergrundbild über die Quelle Bild - hier etwa ein Bild vom Rhein in Köln beim letzten Hochwasser. Ja, das Bild stammt von mitten aus Köln!
Baut eine weitere Quelle Fensteraufnahme ein und wählt das gewünschte Fenster, hier eben das von VoiceMeeter.
Sowohl Hintergrundbild als auch Fenster könnt Ihr frei platzieren und skalieren.
Nun fügt Ihr wieder das Mikrofon hinzu - könnt Mic 1 nun aber aus der Liste der bereits existierenden Audioquellen wählen.
Es folgt eine letzte Quelle Videoaufnahmegerät, in der Ihr dann Eure Webcam auswählen könnt.
Platziert das Webcam-Bild und fertig ist die zweite Szene mit ihren insgesamt vier Quellen.
Szene 2: Greenscreen-Effekt
Wenn Ihr nun nicht das komplette Webcam-Bild in Eurem Video/Stream haben wollt, sondern nur Euren freigestellten Kopf, dann setzt Euch vor einen unifarbenen Hintergrund, vorzugsweise einen grünen, und ruft die Filter über das Kontextmenü des Webcam-Bilds auf.
Fügt den Filter Chroma Key hinzu und spielt mit den Reglern - die Vorgaben genügen aber vorerst völlig.
Hier seht Ihr nun, mit einem grünen Hilfs-T-Shirt, dass alles Grüne im Bild fortan transparent ist und entsprechend zeigt, was auch immer hinter/unter der Webcam-Quelle liegt, hier also das Hintergrundbild.
Übergänge und Aufnahme
Bevor Ihr aufnehmt, ein letzer optionaler Schritt: Legt unten rechts im Fenster einen neuen Swipe-Übergang an.
Fügt diesen dann den Schnellübergängen zwischen Vorschau- und Aufnahmebereich hinzu.
Startet nun die Aufnahme oder den Stream - und wenn Ihr einen Doppelklick auf eine Szene in der Liste ausführt oder auf einen der Schnellübergänge-Buttons klickt, wird die Vorschau- zur Aufnahme-Szene, was Ihr auch im Aufnahmebereich seht, hier also per Swipe.
Und das ist dann auch der gesamte Workflow, wenn einmal alles eingerichtet ist: Ihr startet die Aufnahme und wechselt dann einfach zwischen den Szenen hin und her. Der eigentliche Aufwand bei OBS Studio liegt also in der Planung und Einrichtung von Szenen und nicht bei der Nachbearbeitung. Es kommt immer ein wenig auf das Projekt an, aber grundsätzlich spart OBS jede Menge Arbeit, wenn Ihr Videos in einem Rutsch aufnehmen könnt.
Und beim Livestreaming ist OBS sowieso eine Wucht - im Grunde seid Ihr damit Euer eigenes 1-Personen-Fernsehstudio. Und wenn Ihr mal Live-Gaming auf Twitch oder Gesprächsrunden auf Youtube live gesehen habt, stehen die Chancen gut, dass auch diese mit OBS Studio gedreht wurden. Übrigens, so ganz nebenbei: OBS kann auch externe VST2.X-Plug-ins einbeziehen, wodurch Ihr mal eben Hunderte weiterer Audio-Erweiterungen nutzen könnt - beispielsweise für Reverb-Effekte:
Mehr zu VSTs haben wir hier und mehr zum Thema Videobearbeitung hier.
Und wenn Ihr ein gutes Mikro für die Produktion zu einem ordentlichen Preis sucht, kann ich dieses von Marantz empfehlen, das auch hier im Einsatz ist - sehr hochwertig verarbeitet, gute Audioqualität, ziemlich empfindlich (gut für's Studio, nicht so gut für laute Umgebungen):
Dazu würde ich dringend einen Popshutz empfehlen! Ich haben den Folgenden, aber es tut sicherlich auch jeder andere: