Gelöschte Dateien von SD-Karten oder USB-Sticks mit Photorec wiederherstellen
Eure SD-Karte hat sich verabschiedet oder der USB-Stick spinnt? Mit dem kostenlosen Photorec könnt Ihr die Daten retten!
Versehentlich gelöschte Daten sind ein Albtraum so alt wie die Computerei selbst. Noch schlimmer wird es, wenn eine SD-Karte oder ein USB-Stick durch einen Hardwarefehler Dateien löscht und ihr diese nicht mehr wiederherstellen könnt. Doch es gibt Hoffnung: Das Open-Source-Programm Photorec kann mit etwas Glück die vermeintlich verlorenen Dateien retten. Wir zeigen Euch Schritt für Schritt, wie Ihr gelöschte oder korrumpierte Dateien wiederherstellen könnt.
Anekdotenzeit: Wiederherstellung von echten gelöschten Dateien
Beim Schreiben solcher Anleitungen müssen wir uns ja gelegentlich ein wenig aus dem Fenster lehnen und Szenarien simulieren. Hier war es anders: Die in den Screenshots gezeigten Daten wurden tatsächlich durch einen Hardwarefehler korrumpiert. Im Beispiel ging es um eine SD-Karte, die von einer Kollegin in einem Audiorecorder zum Aufzeichnen eines Interviews verwendet wurde.
Nach dem Interview dann der Schock: Die SD-Karte war offenbar defekt und ließ sich weder unter Windows noch unter macOS einlesen. Auch verschiedene Kartenleser brachten keine Lösung. Also: Interview verloren, alles umsonst? Nope! Dank der Open-Source-Wunderwaffe Photorec haben wir es geschafft, die Dateien von der defekten SD-Karte zu retten.
Eine Garantie dafür, dass as immer funktioniert, gibt es natürlich nicht. Doch bevor Ihr die Daten aufgebt oder das Medium an Spezialisten zur Datenrettung schickt, solltet Ihr Photorec auf jedem Fall eine Chance geben. Die Nutzung des Tools ist zwar nicht allzu intuitiv, die Ergebnisse können aber überzeugen. Wir zeigen Euch, wie Ihr Daten mit Photorec retten könnt.
1. Photorec herunterladen
Photorec ist ein Teil des größeren TestDisk-Pakets. TestDisk ist eine noch mächtigere Software, mit der Ihr ganze Festplattenpartitionen wiederherstellen könnt - doch das ist ein Thema für ein anderes Tuto... Ihr findet den Download der Suite auf der Homepage von CGSecurity. Neben Windows gibt es das Tool von Christophe Grenier auch für Linux, macOS und sogar DOS - yep, es ist oldschool ;-) Wenn Ihr einen Blick in den Quellcode werfen möchtet, könnt Ihr diesen ebenfalls herunterladen.
2. Photorec extrahieren und starten
Entpackt die heruntergeladene ZIP-Datei und startet anschließend die Photorec-Datei. Unter Windows heißt sie photorec_win.exe. Das Programm öffnet nun ein Kommandozeilenfenster, in dem Ihr die eigentliche Arbeit durchführt. Für die Navigation durch das Programm nutzt Ihr die Pfeiltasten auf der Tastatur, per Eingabetaste wählt Ihr einen Befehl aus.
3. Defekte SD-Karte auswählen
Nach dem Start wählt Ihr das Laufwerk aus, das Photorec nach gelöschten Dateien durchforsten soll. In unserem Beispiel wollen wir Daten von einer defekten SD-Karte wiederherstellen. Ihr erkennt sie im Bild an der Größe (15 Gigabyte). Wählt Sie aus und drückt die Eingabetaste.
Im nächsten Schritt müsst Ihr die Partition wählen. Im Falle einer SD-Karte oder eines USB-Sticks dürftet Ihr in der Regel nur eine zur Wahl haben. Im Beispiel ist die Partitionstablle der Karte defekt, daher heißt die Partition schlicht Unknown.
Über die Menüleiste unten habt Ihr bei Bedarf die Möglichkeit, die Suchoptionen anzupassen. So könnt Ihr über das Menü File Opt bestimmte Dateitypen von der Suche ausschließen. Das kann die Wiederherstellung beschleunigen. In der Regel drückt Ihr aber einfach Enter auf dem Feld Search, um die Suche zu starten.
4. Verzeichnis für gerettete Dateien auswählen
Photorec fragt Euch nun noch nach einem Verzeichnis, in das die geretteten Dateien wiederhergestellt werden. Navigiert über das Dateimenü zu einem Ordner. Für die Nicht-DOS-Veteranen: Über die zwei Punkte [..] navigiert Ihr jeweils eine Ordner-Hirarchie nach oben. Seid Ihr mit der Auswahl zufreiden, bestätigt diese durch einen Druck auf die Taste C.
5. Warten und hoffen
Das war es schon. Photorec durchsucht das Dateisystem der SD-Karte nun nach gelöschten oder anderweitig zerstörten Dateien. Sollte das Programm fündig werden, speichert es die gefundenen Dateien im eben gewählten Verzeichnis ab. Je nach Größe des zu durchsuchenden Speichermediums kann der Vorgang zwischen einigen Minuten und mehreren Stunden dauern. Am besten lasst Ihr in der Zeit die Finger von Eurem PC.
Sobald der Scan abgeschlossen ist, schaut in den gewählten Ordner. In unserem Fall konnten wir tatsächlich die Interview-Schnipsel als WAV-Dateien vollständig wiederherstellen. Eine Garantie dafür gibt es aber natürlich nicht. Es kann auch sein, dass das Programm zwar gelöschte Daten findet, diese aber nicht vollständig rekonstruieren kann.
Grundsätzlich gilt: Je schneller Ihr bei einem Dateiverlust agiert, desto besser stehen die Chancen, noch etwas retten zu können - gerade bei anfälligen Datenträgern wie USB-Sticks und SD-Karten. Wie ist das bei Euch: Hattet Ihr schon einmal einen Datenverlust durch ein defektes Laufwerk? Konntet Ihr etwas retten? Erzählt es uns gerne in den Kommentaren.
Noch mehr Sicherheits-relevante Tutos findet Ihr laufend aktuell unter diesem Link. Mehr aus der immer wieder wunderbaren Welt der quelloffenen Software findet Ihr hier.