Peppermint: Clever-cloudiges Linux, perfekt für Umsteiger und Zweifler
Ihr nutzt Windows und liebäugelt mit Linux? Oder fandet Linuxe immer angestaubt und nicht ausgereift? Peppermint zielt genau auf Euch und punktet mit einigen typischen Windows-Tools wie Excel, perfekter Cloud-Anbindung, hübschem Desktop und sehr sehr guten Tools. Vor allem: Endlich mal wieder eine Linux-Distribution, die wirklich für Begeisterung sorgt.
Peppermint Linux
"Endlilch mal wieder" klingt nach einer neuen Distribution, Peppermint gibt es aber schon seit 2010 - allein die Aufmerksamkeit fehlt ein wenig. Immer geht es nur um Ubuntu und Mint und bei versierteren Nutzern vielleicht noch um Debian, Suse und Arch. Und das ist verdammt schade! Peppermint ist nämlich nicht eines der vielen Derivate, die sich letztlich nur in ein paar Details unterscheiden. Und auch wenn es eigentlich kein Qualitätskriterium sein sollte: Windows-Nutzer werden über einige der cleveren Ideen ganz besonders freuen - und das spricht eben doch für Peppermint.
Peppermint basiert auf Ubuntu, wird kontinuierlich aktualisiert und (bislang) jährlich als neues Release veröffentlicht - derzeit ist Peppermint 9 aus dem Dezember 2018 aktuell. Als Desktop läuft im wesentlichen LXDE, allerdings mit einigen Einflüssen von Xfce, um einige ansonsten fehlende Tools auszugleichen (etwa die Energieeinstellungen). Allerdings: Optisch hat der Pepepermint-Desktop aber auch wirklich gar nichts mit dem minimalistischen (andere würden sagen angestaubten ...) LXDE-Standard zu tun. Damit ist auf jedenfall schon mal eine sehr solide Basis gegeben.
Warum ausgerechnet Peppermint?
Die eigentliche Frage ist aber: Was macht Pepepermint anders? Im Grunde kann man es auf drei Punkte herunterbrechen: Sehr hübsche Desktop-Umgebung, perfekte Systemverwaltung und eine clevere Cloud-Anbindung "mit Microsoft-Tools" ...
Design ist natürlich immer auch Geschmackssache, aber hier ist zumindest alles stimmig: Das Farbschema sitzt, die Icons passen gut zueinander, fast überall gibt es On-Mouse-Over-Tool-Tips, die Hilfe anbieten, alle Knöpfe sind gut zu erkennen und dort, wo Windows-Nutzer sie erwarten. Hinzu kommen ein paar wenige Effekte, wie Transparenz beim Ziehen von Fenstern oder beim Wechseln von Einträgen im Startmenü. Apropos: Das Startmenü bietet sowohl die Programmstruktur zum Stöbern als auch die Möglichkeit, einfach Befehle, Begriffe oder sogar Web-Suchen einzugeben. Wie man es auch von Windows 10 kennt - nur ohne nervige Werbewackelkacheln.
Die perfekte Systemverwaltung ist aber sicherlich noch interessanter. Bei LXDE fehlen wie gesagt einige Tools, die integrierten Xfce-Tools gleichen das aber völlig aus. Natürlich könnt Ihr die auch bei "normalen" LXDEs nachinstallieren, aber nie waren sie so hübsch und nahtlos integriert wie hier. Ein weiteres Beispiel wäre etwa das Screenshot-Werkzeug. Großartig sind auch die Autostartverwaltung, die Startmenü-Optionen oder das einfache Anpassen der Desktop-Leiste.
Clevere Cloud-Anbindung
Die Cloud-Anbindung ist aber das eigentliche Highlight: Windows-Nutzer lieben Microsoft Office (warum auch immer). Die meisten Linuxe aber setzen auf LibreOffice. Nicht so Peppermint: Im Startmenü findet Ihr unter Office tatsächlich Excel, Word, PowerPoint und OneNote. Das geht natürlich nicht ohne kleine Tricksrei, wenn man so will. Es handelt sich natürlich um die kostenlosen Online-Versionen der Tools. Allerdings merkt Ihr das ab dem zweiten Start nicht wirklich. Beim ersten Start merkt Ihr es, weil Ihr Euch natürlich anmelden müsst. Danach läuft beispielsweise Excel aber nicht einfach in einem Firefox-Tab, sondern in einem eigens angepasstem Browser-Fenster.
Dieses Fenster sieht aus wie ein normales Fenster und somit weitgehend wie ein normales Excel. Das erledigt das großartige Tool Ice zum Erstellen dieser so genannten SSBs, Site Specific Browsers. Das Coole an Ice: Über eine simple grafische Oberfläche könnt Ihr beliebige Webseiten ebenfalls als SSBs direkt in das Startmenü integrieren - und sogar das Favicon als Icon nutzen. Skype, Gmail, Google Calendar und Drive sind bereits vorinstalliert. Um den Nutzen nochmal ganz klar hervorzuheben: Ihr könnt Dinge wie Steam, TeamViewer, eMail oder Twitter wie lokale Anwendungen nutzen, müsst aber nichts installieren. Außerdem fallen so keinerlei lokale Daten an, was es einfacher macht, mal am Peppermint-Rechner, mal an einem anderen System zu arbeiten.
Das Integrieren von Web-Apps per Ice in das Startmenü ist einfach eine großartige Angelegenheit, die vielen Nutzern mit üblichem Nutzungsverhalten sehr entgegen kommen dürfte.
Was nervt?
Eigentlich nervt nur, dass nichts nervt - nichts zum Meckern ist doch auch nicht das Wahre ... Aber die Basis ist grundsolide, die Update-Politik ebenfalls, Desktop und Systemverwaltung treffen genau den Nerv von Otto Normalverbraucher, es sind angenehm wenige Tools vorinstalliert und die SSB-Integration Windows-Nutzern bekannterer Werkzeuge ist nun mal ein Traum.
Natürlich ist Peppermint nichts für jeden. Die Integration von Web-Apps sollte man schon generell mögen, die standardmäßige Einbindung proprietärer Tools ebenso, LXDE-Fanatikern wird das Startmenü "zu hübsch" sein, der Desktop ist in der VM (!) teils etwas ruckelig und das Spiel First-Person Tetris treibt einen in den Wahnsinn. Oder man kotzt einfach das Zimmer voll. Aber etwas wirklich Nerviges? Fehlanzeige.
Peppermint ist vielleicht die perfekte Linux-Distribution, für Windows-Umsteiger, Apple-Flüchtlinge, Otto Normallinuxuser und alle, die immer der Meinung waren, Linux sei unausgereift und nichts für normale Menschen!
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libdvdcss musste ich aber sehr wohl mit sudo… installieren! Oder habe ich die Peppermint-Eigenschaften nicht erkannt?
Falls Du auf Ralfs Bemerkung anspielst: Ich vermute, er meinte eher, dass standardmäßig die meiste Hardware schon läuft und keine Treiber installiert werden müssen. Wenn etwas installiert werden muss, dann läuft das wie üblich über sudo oder root, da gibt es keinen Peppermint-eigenen Weg.
libdvdcss ist so ein Fall, der eigentlich immer nachinstalliert werden muss, vor allem aus rechtlichen Gründen. Dazu aus der Wikipedia:
„Einige Linux-Distributionen halten libdvdcss nicht in ihren offiziellen Paket-Quellen vor (etwa openSUSE, Debian und Ubuntu), da CSS patentrechtlich geschützt ist und sie keinen Rechtsstreit aufgrund von Gesetzen in der Art des Digital Millennium Copyright Act riskieren wollen. In den meisten Ländern der Erde existieren zwar keine Softwarepatente, aber die Linux-Distributionen sind schließlich auch in den USA verfügbar und wollen es auch bleiben.“
Ich habe viele Distributionen über die letzten 10 Jahre benutzt. Bei den Meisten gabs immer wieder Probleme mit Hardwaremomponenten oder das System wurde sehr langsam dadurch das mitterweile alle meinen ein Linux miss wie Windows aussehen oder ähnlich sein. Ubuntu wohl das langsamste System mittlerweile gefolgt von Mint. Debian ist schnell aber nicht wirklich für Einsteiger. Als ich vor ein paar Wochen dann das neue Peppermint mit dem Ubuntu 18.04 Kernel installierte war ich begeistert. Schnell und flüssig läuft das System. Wie im Artikel gesagt sehr gut für Einsteiger. Was aber bisher keine Distribution anbietet, ist das .sh Fateien sofort als ausführbare Datei eingestellt wird. Leider muss man auch bei Peppermint erst in den Dateieigenschaften den Haken setzen. Aber dann startet Pepeemint die Datei auch mit dem richtigem Programm. Einige andere Distributionen haben selbst hier noch Probleme. Bisher brauchte ich noch nicht einen Treiber oder ein Programm über sudo installieren. Das ist für mich der grösste und beste Unterschied zu anderen Distributionen.
Toller Artikel.
Danke für’s Feedback!
Und ja, das mit den sh-Dateien kann ich gut nachvollziehen, das EXE-Konzept unter Windows ist schon ziemlich benutzerfreundlich (wenn auch auf Kosten von etwas mehr Sicherheit).