Audio & Video

Anleitung: VHS-Kassetten digitalisieren

Alte VHS-Kassetten enthalten nicht selten wertvolle Erinnerungen. Wir zeigen, wie Ihr die alten VHS-Tapes digitalisieren und für die Zukunft sichern könnt.

Es gibt viele Gründe, VHS-Kassetten digitalisieren zu wollen: Antike Magnetbandspeicher für Bild und Ton dürften noch zuhauf in Kellern auf ihre Wiederaufführung warten. Und sei es nur, um sie als Geschenk für die Oma, die jetzt auch ein Tablet hat, eine digitale Version zu erstellen. Wir zeigen Euch, wie Ihr die Kassetten auf den Rechner bekommt, ins gewünschte Format konvertiert und asynchronen Ton korrigiert – natürlich mit kostenloser Open Source Software. Welchen Videograbber Ihr benutzt, ist dabei ziemlich egal – zumal das eh fast alles die gleichen sind …

VHS-Videos digitalisieren ganz einfach

Zunächst benötigt Ihr den besagten Videograbber, einen USB-Stick mit Verkabelung für den Videorekorder – oder sonst ein Gerät Cinch-Video/-Audio-, S-VHS-, SCART- oder ähnlichen Ausgängen. Es gibt etliche Angebote, meist um 20 Euro herum – und tendenziell sehen die alle nicht nur gleich aus. Hier funktioniert die Version von CSL. Wichtig: Schaut Euch vorher genau an, welche Anschlüsse Euer Rekorder hat und bestellt Euch direkt die passenden Adapter. Im Zweifelsfall: Bestellt ein Adapter-Set, es kann immer was schiefgehen, plötzlich läuft der Ton via S-VHS nicht und dann ist der Frust groß. An Software benötigt Ihr VirtualDub zum Rippen der Kassetten, Avidemux zum Korrigieren und Konvertieren sowie den Media Player Classic als Hilfsmittel für die Ton-Synchronisation.

(* = Affiliate-Link / Bildquelle: Amazon-Partnerprogramm)

1. VHS-Rekorder anschließen

Installiert die beiligende Treiber-Software oder besorgt Euch gleich die neue vom Hersteller und stöpselt den Grabber in einen USB-Slot. Sofern alles funktioniert, verkabelt den Rekorder – falls nicht, bleibt Euch leider nicht viel anderes übrig, als nach einer Lösung für Euere Hardware und Euer System zu suchen. Ein Tipp am Rande: Achtet auch auf die Beschriftung der Anschlüsse am Rekorder, meist gibt es nämlich auch IN-Buchsen für Cinch und dann bleibt der Bildschirm freilich schwarz. Und spielt ein Video ab! Sonst bleibt es im nächsten Schritt auch schwarz.

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USB in den Rechner, Cinch in den Rekorder – aber nur mit Cinch-Männlich-auf-Männlich-Kabel und SCART-Stecker hintendran!

2. VirtualDub: Capture Mode öffnen

Startet VirtualDub und wechselt in den Capture Mode.

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Startet den Capture Mode.

3. VirtualDub: Quelle oder Abspielgerät festlegen

Im Capture Mode legt Ihr zunächst über Device das abzugreifende Gerät, den Grabber fest.

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Das richtige Gerät festlegen.

4. VirtualDub: Zieldatei setzen

Vorab: Was hier im Bild schwarz ist, ist eigentlich das laufende Videobild, aber der Screenshotter hier will nicht, und da gönne ich mir den Luxus, Euer Vorstellungsvermögen anzuzapfen und das Schwarz zu belassen … Bevor Ihr loslegt, müsst Ihr die Zieldatei (Capture File) festlegen. Erstellt über den Dialog einfach eine beliebige Datei. Vorsicht: Die Datei ist bei einer Stunde Video gerne 60 Gigabyte groß!

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Etwas ungewöhnlich: Ihr müsst erst die Ausgabedatei festlegen.

5. VirtualDub: Framerate setzen

Die einzige sonstige nennenswerte Option ist die Framerate unter Capture/Settings, die bei einem VHS in der Regel bei 25 liegen sollte – sonst bekommt Ihr Zeitlupe oder Raserei.

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Die Framerate nicht vergessen.

6. VirtualDub: Capturen

Spult das Video nun zum Anfang, startet und fangt an zu capturen (F5).

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VirtualDub – immer wieder ein nützlicher Helfer.

7. VirtualDub: Status ablesen

Vom Capturen bekommt Ihr nichts weiter mit, es wird läuft einfach durch. Am Rand seht Ihr den Vortschritt – achtet auf die Größe; hier etwa 100 MB für 8 Sekunden. Anschließend habt Ihr eine tendenziell riesige Datei, mit nicht ganz unwahrscheinlicherweise asynchronem Ton.

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VirtualDub generiert GROSSE Dateien!

8. Media Player Classic: Ton-Synchronisieren

Öffnet die Datei also im MPC und sucht eine stelle mit prägnantem Ton – ein Schuss, eine Watschn, ein Schrei, ein Klatschen, was auch immer. Öffnet mit O die Audio-Optionen, setzt ein Häkchen bei Audioverzögerung und fangt an mit den Werten zu spielen bis es passt. Hier ist Feingefühl gefragt, bei den typischen Familienvideos wird es mit den Schüssen vermutlich schwierig. Wenn Ihr fertig seid, merkt oder kopiert Euch den Wert.

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MPC hilft beim Finden des richtigen Sync-Werts für asynchrone Tonspuren.

9. Avidemux: Video korrigieren

Öffnet das Riesenvideo in Avidemux und setzt den Sync-Wert in das Shift-Feld. Wenn Ihr merkwürdige Farben im Bild seht, hilft ein Video-Filter: Fügt einfach über Video/Filter den Filter „Swap UV“ hinzu – im Preview-Fenster seht Ihr schon, dass es wieder passt. Warum Avidemux so einen Unfug veranstaltet, weiß ich gerade auch nicht. Ist auch egal.

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Avidemux bietet eine ganze Reihe einfach anzuwendender Filter, nicht nur zum Korrigieren.

10. Avidemux: Video-Format festlegen

Wenn Ihr keine Lust habt, Euch mit den Dutzenden Codec-Einstellungen herumzuplagen: Im Auto-Menü findet Ihr Vorlagen – DVD ist hier doch ein guter Anfang. 1:16 Stunden sind hier mit der Einstellung von 70 auf 5,5 Gigabyte geschmolzen. Noch zu groß? Nächstes Tool.

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Profile erleichtern das Leben.

11. HandBrake: Video ins gewünschte Format konvertieren

Zum reinen Konvertieren ist HandBrake schöner als Avidemux und bietet allerlei Voreinstellungen sowie einen simplen Schieberegler für die Qualität. Mit der Android-Voreinstellung sind es hier 1,6 Gigabyte geworden und mit dem Schieberegler auf 30 knapp 500 Megabyte – ohne ersichtliche Qualitätseinbußen. Ist eben nur VHS/PAL.

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Konvertieren mit HandBrake macht Spaß, weil endlich mal die CPU vernünftig genutzt wird.

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

8 Kommentare

  1. Hallo, vielen Dank für diese exzellente Info.

    Nun hätte ich eine Frage: Ich würde gerne meine VHS-Bestände auf DVD übertragen und überlege noch wie ich dies mache. Da ich insgesamt 3.000 VHS-Kassetten habe und schätzungsweise 800-100 überspielen möchte, dürfte dies bei einem solch enormen Aufwand (mit vielen Programmen und vor allem beim Synchronisieren des Tons) zeitlich kaum machbar sein.

    Frage: Gibt es auch Programme mit denen man dies ohne so viel Zutun erledigen kann? Es wäre dann auch ggf. für mich akzeptabel, wenn sie etwas kosten. Wäre eine Kombination VHS-Rekorder/DVD-Rekorder die bessere Lösung?
    Ich möchte halt nur nicht am Ende etwas kaufen und am Ende ist genau so so aufwändig,

    Vielen Dank für jeden Hinweis und einen netten Gruß von

    Robert Schopf

    1. Bei den meisten Grabbern liegt auch direkt Software mit bei – die ist leider häufig ziemlich schlecht, sofern sie überhaupt läuft. Wenn sie aber läuft, landen die Videos meist direkt auf DVD – und das Sync-Problem tritt auch nicht zwangsläufig auf – und wenn, wird es vermutlich bei jeder Aufnahme gleich sein! Ich würde es erstmal testen.
      Was früher ziemlich gut war, ich habe es lange nicht mehr genutzt, war die Variante von Magix mit Grabber und guter Software:
      https://www.amazon.de/MAGIX-Retten-Sie-Ihre-Videokassetten/dp/B014KH6ZDE/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1467710283&sr=8-1&keywords=vhs+dvd+magix
      Bei 100 Kassetten würde ich persönlich allerdings zu einer VHS-DVD-Kombi greifen – sofern die Videos nicht geschnitten werden sollen. Problem dabei: Neue Geräte sind kaum zu finden, Gebrauchte bei Händlern meist ziemlich teuer und Gebrauchte von Privat, nun, uralte VHS-Geräte neigen durchaus zu Problemchen …

      1. Die PC-Variante ist allerdings immer zu empfehlen, da DVD auch ein sterbendes Medium ist. Ich würde übrigens schauen, ob sich nicht ein FireWire-VHS-Gerät auftreiben lässt: Das digitalisiert das Video direkt im eigenen System und sehr treffsicher. Das Material kann dann mit jedem beliebigen Schnittprogramm in bester Qualität digital aufgezeichnet und in einem zukunftssicheren Forma wie MPEG-4 auf der Platte abgelegt werden. Damit entfällt ein großer Teil des Strippenziehens und man hat die Videos direkt in einem sinnvollen Format. Wie gesagt: DVD ist mangels Zukunft eher suboptimal.

      2. VHS-Rekorder mit Firewire-Ausgang? Wäre da nicht USB wesentlich plausibler? Und selbst sowas habe ich zumindest auf Anhieb nicht gefunden. Link ma‘.

      3. Ich habe auf die Weise bequem zahlreiche Video-8 mit einer der letzten Kameras dieser Technik problemlos auf den Rechner gezaubert.

        Und das geht auch mot VHS. Es gab von JVC Geräte mit entsprechender Funktion: https://support.jvc.com/consumer/product.jsp?modelId=MODL026939&pathId=49&page=3&archive=true

        FireWire hatte mehrere Namen: iLink oder DV sind gängig. Man muss gucken, dass die Geräte DV-Out haben. USB war mangels Geschwindigkeit damals übrigens ziemlich unwahrscheinlich: USB 1.1 schafft die hohen Datenraten nicht, USB 2.0 kam erst so ab 2005 so richtig an, und da war VHS, außer bei Dir, Morco, schon toter als tot.

      4. Ah, hatte eher an ein moderneres VHS-to-USB gedacht, wie es das für Schallplatten gibt – schade, dass es sowas scheinbar nicht gibt. Meinen letzten Videorekorder dürfte ich allerding so mitte der 90er gekauft haben, und zwar einen billigen, ohne so’n modernen Kram :(= Und ja, das dürfte dann die beste Lösung sein, vermutlich nicht die günstigste.

  2. Pures Gold. Und funktioniert natürlich mit allen analogen Videoformaten, von der Laserdisk bis zu S-VHS, Video-8, Hi8 und VHS-C. Wichtig ist nur, dass Ihr ein Abspielgerät für das entsprechende Format habt.

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