Linux & Co.

Der Desktop mal völlig anders: Tiling Window Manager XMonad

Desktop-Fenster sind normalerweise losgelöste Elemente, die Ihr neben- und übereinander anordnen könnt. Übereinander macht aber eigentlich nicht viel Sinn – man sieht ja nichts vom unteren Fenster. Selbst Windows kann Fenster mittlerweile für mehr Übersicht automatisch auf dem Bildschirm aufteilen. Und XMonad treibt das Ganze auf die Spitze: Es gibt ausschließlich Fenster in einem variablen Raster – und keine Fensterrahmen oder -leisten, keine Effekte, keine Maussteuerung!

Kozept Window Tiling

Vorweg: Ganz unten gibt es ein kurzes Demo-Video.

XMonad wird den meisten von Euch nicht gefallen. Ein Downer? Keinesfalls: Die wenigen Auserwählten werden begeistert sein! Tiling Window Manager verteilen Fenster auf ein Raster, so dass alle geöffneten Fenster neben-/übereinander angezeigt werden. So wird der gesamte verfügbare Platz optimal ausgenutzt. Bei XMonad sieht das konkret so aus: Es gibt zwei Bereiche (Panes), die jeweils mehrere Fenster beinhalten können. Der Hauptbereich (Master Pane) beinhaltet standardmäßig ein Fenster, der Nebenbereich eines oder mehrere.

So lassen sich beispielsweise ein großes Browser-Fenster und drei kleine Fenster mit Texteditor, Terminal und Youtube darstellen. Für das Konstrukt gibt es drei Layoutmodi: Oben/Unten, Links/Rechts und Master Pane im Vollbild; das Verhältnis zwischen Haupt- und Nebenbereich lässt sich frei skalieren. Natürlich könnt Ihr jedes angezeigte Fenster zum Hauptfenster im Master Pane machen. (Worwörtlich) obendrauf: Einzelne Fenster können in den Floating-Modus versetzt werden – dann ist es doch wieder ein losgelöstes Fenster, das über den anderen schwebt und mit der Maus bewegt werden kann.

xmonad_tiling_window_manager
1 Fenster oben im Master Pane, 3 Fenster im Nebenbereich unten.

Wie üblich gibt es obendrauf neun virtuelle Desktops – und die sind bei XMonad wichtiger als bei normalen Desktop-Umgebungen! Hat man die Steuerung einmal raus, kann man durchaus flott Fenster öffnen und arrangieren. Aber richtig cool ist XMonad, wenn man sich ein paar fixe Desktops einrichtet. Also beispielsweise einen Kommunikations-Desktop mit Fenstern für Social Media, Mail und Messenger, einen Bildbearbeitungs-Desktop mit Editor und Terminal, einen Programmier-Desktop mit IDE, Terminals und Texteditor und so weiter und so fort.

Erste Schritte

Die Installation läuft zumindest unter Ubuntu, Debian & Co. wie üblich simpel über:

sudo apt-get install XMonad

Anschließend meldet Ihr Euch ab, wählt auf dem Anmeldebilschirm XMonad als Umgebung und meldet Euch wieder an. Und vermutlich wäret Ihr ohne Anleitung jetzt genervt: Ihr seht einen leeren Desktop. Nichts zum Anklicken, keine üblichen Tastenkürzel, nur nichts. Ihr müsst Euch mit den Tastenkürzeln vertraucht machen – beginnt mit

Alt+Umschalt+Eingabe

um ein Terminal-Fenster zu öffnen. Wiederholt das ein paar Mal und Ihr seht schon, wie das mit den Bereichen funktioniert. Wenn Ihr jetzt schon die Faxen dicke habt, hier der Notausgang::

Alt+Umschalt+Q

meldet Euch von XMonad ab und Ihr könnt zur Normalität zurückkehren ;) Falls nicht, installiert im geöffneten Terminal das dmenu:

sudo apt-get install dmenu 

Über den Short-cut Alt+P könnt Ihr so andere Programme als den Terminal suchen und öffnen.

xmonad_tiling_window_manager
Der Himmel für Monitoring-Fans! Hier übrigens mit zwei Fenstern im Master Pane.

Die Tastatur-Steuerung

XMonad wird komplett mit der Tastatur bedient, der Mauszeiger sorgt lediglich dafür, dass das Fenster unter ihm im Fokus ist. In den Fenstern/Programmen funktioniert natürlich alles wie gehabt. Ihr müsst also nur ein paar Tastenkürzel kennen. Hier gibt es ein Cheatsheet von XMonad selbst und hier nochmal alles Wichtige in Kürze:

Tastenkürzel anzeigen                   Alt+Umschalt+/
Terminal-Fenster öffnen                 Alt+Umschalt+Eingabe 
Aktuelles Fenster schließen             Alt+Umschalt+C 
Programm öffnen                         Alt+P 
Nächstes Fenster                        Alt+Tab oder Alt+J
Voriges Fenster                         Alt+Umschalt+Tab oder Alt+K 
Nächstes Layout                         Alt+Leertaste
Standard-Layout                         Alt+Umschalt+Leertaste
Fenster mir vorigem Fenster tauschen    Alt+Umschalt+J
Fenster mit nächstem Fenster tauschen   Alt+Umschalt+K 
Master Pane verkleinern                 Alt+H 
Master Pane vergrößern                  Alt+L 
Anzahl Fenster in Master vergrößern     Alt+,
Anzahl Fenster in Master verkleinern    Alt+.
XMonad beenden                          Alt+Umschalt+Q
Virtuellen Desktop öffnen               Alt+[1-9]
Fenster an Virtuellen Desktop senden    Alt+Umschalt+[1-9]
Fenster in Floating-Modus versetzen     Alt+Linke-Maustaste
Floating-Fenster zurück ins Tiling      Alt+T 

XMonad kann auch mit mehreren Monitoren umgehen, lässt sich anpassen, kann einzelne Programme wie Gimp als Ausnahmen behandeln und nicht in Tiles pressen, mit einer Statusleiste mehr Komfort bieten und vieles mehr – schaut einfach mal auf den Projektseiten nach.

xmonad_tiling_window_manager
Ein „herkömmliches“ Fenster per Floating Mode.

Demo-Video

Hier noch ein kurzes Demo-Video, in dem Ihr folgendes seht:

    – Ein Fenster im Master Pane, zwei Fenster im Nebenbereich.
    – Durchschalten der drei Ansichten.
    – Wechsel des Fensters im Master Pane.
    – Durchschalten der drei Ansichten.
    – Wechsel zwischen Desktops 1, 2 und 3 (leer).

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

Ein Kommentar

  1. Das nennt man Minimalismus pur, ich habe es mir installiert, und auch das dmenu, was sehr simpel ist, und ich muss wirklich sagen, das werde ich mir auf meinen alten T43 als 2. Desktop installieren, denn der Bildschirm hat noch eine ziemlich bescheidene Auflösung, ich denke das macht sin, da konzentriert sich alles auf das wesendliche. Interessanter Artikel :-)

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