Endlich einfach: Linux und Linux-Tools unter Android nutzen, ohne Root
Es gibt schon lange Möglichkeiten, komplette Linuxe als App unter Android laufen zu lassen. Oder auch einzelne Linux-Programme. Aber jetzt geht das endlich einfach: Die App UserLAnd erledigt die technische Frickelei im Hintergrund vollautomatisch! Ihr wollt Gimp auf dem Tablet? Ein simpler Klick genügt.
Hintergrund und Features
Wenn Linux-Programme unter Android laufen sollen, braucht Ihr normalerweise eine Linux-Umgebung in Form eines reinen Terminals, etwa GNURoot Debian, und einen X-Server (sorgt unter Linux für die grafische Darstellung) als Android-App, etwa XServer XSDL. Im Terminal müsst Ihr dann ein wenig konfigurieren, um dem System mitzuteilen, dass grafische Programme an eben diesen externen X-Server geschickt werden sollen. Dann startet man ein Programm oder auch die ganze Desktop-Umgebung im Terminal und die X-Server-App zeigt sie an. Das ist ein wenig Aufwand, für Laien nicht gerade einfach nachvollziehbar. Und Probleme gibt es auch immer wieder.
UserLAnd macht im Grunde auch nichts anderes, aber eben vollautomatisch. Der Name deutet es auch schon an: Es geht ums User Land, also um Anwendungen. Linux ersetzt natürlich nicht Android als Betriebssystem. Ihr könnt (derzeit) folgende Linuxe und Programme direkt starten:
- Linux
- Arch Linux
- Debian
- Kali Linux
- Ubuntu
- Programme
- Firefox
- Gnuplot
- Octave
- R
- Gimp
- LibreOffice
- Git
- Games
- Adventure
- Zork
Letztlich könnt Ihr aber alle Linux-Programme über die kompletten Linux-Distributionen nutzen. UserLAnd ist noch sehr jung und wird bei Google Play seit Dezember und bei F-Droid seit diesem Januar geführt - es lohnt sich sicherlich, das Projekt zu verfolgen.
Die so aufgerufenen Programme benötigen natürlich auch ein Dateisystem. Da sie unter dem Linux laufen und nicht unter Android direkt, legt UserLAnd dafür jeweils ein Dateisystem an. Ihr müsst Euch nicht damit beschäftigen, aber Ihr könnt die automatisch erstellten Dateisysteme auch wechseln; beispielsweise, um ein Arbeits- und ein Testsystem zu haben. Die Kombination aus laufendem Programm und Dateisystem ist dann jeweils eine Session.
1. Apps starten
Als Beispiel soll Gimp dienen: Öffnet UserLAnd und klickt in der Apps-Liste auf den Eintrag für Gimp. Zunächst müsst Ihr dann die geforderten Zugriffsrechte auf den Speicher gewähren.
2. Login erstellen
Im nächsten Fenster gebt Ihr dann einen Nutzernamen samt Passwort und noch ein VNC-Passwort ein. Letzteres wird benötigt, wenn Ihr grafische Anwendungen über VNC (Fernzugriff) anzeigen lasst.
3. Durchführen mit ...
UserLAnd benötigt externe Hilfe, um Gimp anzuzeigen. Auf dem hiesigen Smartphone liefen bereits androidVNC und GNURoot Debian - ansonsten lädt UserLAnd selbständig ein passendes Programm herunter (bVNC). Weiter geht es hier im Beispiel mit GNURoot Debian (androidVNC funktioniert hier nicht).
4. Warten auf Downloads
Beim ersten Start muss UserLAnd zunächst ein Linux und Gimp selbst herunterladen - Ihr müsst also ein paar Minuten warten. Tipp: Da sehr viel heruntergeladen wird, solltet Ihr sicher sein, in einem WLAN zu sein, sofern Ihr keine Daten-Flatrate habt.
5. Optionen/Ansicht
Gimp ist nun also gestartet - vermutlich sieht es aber noch nicht wie gewünscht aus. Nun ist es wichtig zu wissen, wie Ihr Optionen und Tastatur aufruft: Tappt auf einen freien Bereich, dann erscheinen ein paar graue Kästchen. Der linke Kästchen-Bereich ruft die Tastatur auf, der rechte die Optionen. Interessant ist hier zunächst vornhemlich der Punkt Scaling: Hier könnt Ihr die Anzeige anpassen. Über den Zoom-Mode lässt sich das Bild zum Beispiel frei skalieren. Probiert einfach, was bei Euch am besten passt.
6. Sondertasten deaktivieren
Auch am unteren Rand des Bildschirms fallen Euch vermutlich ein paar graue Kästchen auf: Darüber lassen sich die Extra Keys anzeigen, hier die Pfeiltasten, Alt, Strg und so weiter. Diese werden auch über der Tastatur angezeigt, was enorm Platz raubt. Über die Einstellungen lassen sich diese Sondertaste deaktivieren.
7. Bedienung lernen
Gimp an sich nutzt Ihr wie eh und je, aber Ihr müsst Euch daran gewöhnen, wie Mausaktionen mit dem Finger umgesetzt werden. Wollt Ihr beispielsweise ein Fenster verschieben, würdet Ihr mit der Maus Klicken, halten und ziehen. Mit dem Finger: Lange drücken, bis ein Feedback kommt, dann ziehen. Fenster, die Ihr verschiebt, seht Ihr derweil nur als angedeutes Gitter. Normale Mausklicks sind einfach Taps. Wenn Ihr das Touch-Verhalten anpassen wollt, könnt Ihr das über Input Mode in den Optionen erledigen.
8. Gimp bedienen
Für den Einstieg: Wenn Ihr zum Beispiel etwas zeichnen wollt, wählt einfach wie gewohnt dass Pinsel-Werkzeug und Klickt und haltet auf die Zeichenfläche, bis ein Feedback kommt - dann könnt Ihr zeichnen. Wenn Ihr ohne Halten einfach nur tappt und sofort zieht, bewegt sich schlicht der Bildschirmausschnitt.
Tipp: Auch wenn die UserLAnd-Apps eigene Dateisysteme anlegen, könnt Ihr über den Öffnen-Dialog von Gimp dennoch auf Eure SD-Karte zugreifen, um etwa lokale Fotos zu öffnen.
9. Session beenden
Wenn Ihr eine Session beenden wollt, Voraussetzung, um ein neues Programm zu starten, wechselt einfach auf den Reiter Sessions, ruft das Kontextmenü der aktuellen Session über einen langen Tap auf und wählt dann Kill service.
Mehr? Wie wäre es mit Alles über Open Source und Free Software? Oder lieber weitere Android-Artikel? Natürlich haben wir auch mehr zu F-Droid.
P.S.: GNURoot Debian wird nicht länger gepflegt und das Projekt selbst verweist lustigerweise auf UserLAnd - dass UserLAnd GNURoot Debian einspannt ist also nicht unbedingt so gewollt ;) Aber hier funktioniert es einwandfrei.
Hallo Gemeinde, endlich kann ich R auf meinem tablet (andro13) laufen lassen! Die Installation lief einwandfrei, und ich freue mich über R – Version 4.0.4. Aus Neugier habe ich R.base auch direkt über Ubuntu installiert und bekam R – Version 4.1.2 (hat mich 780 MB Volumen gekostet). Jetzt stelle ich die Frage, wie ich die ältere Version wieder deinstallieren kann? Unter Ubuntu kein Problem, aber an die R-App komme ich nicht direkt ‚ran. Any idea out there?
Erstmal danke für den tollen Beitrag. Ich habe, dank Deiner Anleitung, in folgender Konfiguration am laufen: Samsung S22 mit Tastatur und Maus, auf einem 34″ Monitor in einer Samsung-DEX Umgebung. Es funktioniert alles gut und flüssig – – auch die Bildqualität ist vernünftig. Was ich noch nicht hinbekommen habe… … den Gimp richtig zu skalieren …auf Inhalte vom S22 zuzugreifen …fertige Inhalte vom Gimp auf das S22 zu ûbertragen. Wäre für Tipps echt dankbar.
Toller Beitrag. Ich würde gerne Linux auf Android auf einer Ticwatch Pro 2020 Smartwatch mit Android installieren. Aber wer möchte eine Smartwatch mit Maus und Keyboard bedienen? Gibt es eine Möglichkeit das User Interface der Uhr unter Linux zu nutzen?
Smartwatches sind nicht meine Welt, daher muss ich ein wenig mutmaßen – und ich vermute: nein. Die Uhr läuft mit Wear OS – gibt es überhaupt eine passende App dafür? Auch würde ich bezweifeln, dass die Uhr genug Leistung hat, um ein virtualisiertes Linux on top laufen zu lassen. Und selbst wenn: Eine Linux-App, die die Obefläche der Ticwatch-Pro-Wear-OS-Oberfläche simuliert scheint mir ebenfalls fragwürdig.
Es gibt Custom ROMs für die Uhren, das wäre jedenfalls der Ansatz, um sich irgendwas zu basteln. Darauf würde es aber auf jeden Fall hinaus laufen: Sehr viel Bastelei, geringe Aussicht auf Erfolg und noch unwahrscheinlicher, dass das Teil danach wirklich alltagstauglich ist.