Audio & VideoTestlabor

Test: Sony WI-SP500, Sport-Bluetooth-Kopfhörer mit klassischen Ohrstöpseln

Selten genug: Half-in-Ears mit IPX4-Spritzwasserschutz - und noch dazu verhältnismäßig ausgewogenem Klang.

Kopfhörer mit klassischen Ohrstöpseln sind rar – In-Ear-Stöpsel haben den Markt vermutlich fest im Griff. Wer dieses Gerhörgangsverstopfung nicht mag und sich auf die Suche nach solchen Half-in-Ear-Kopfhörern begibt, landet oft bei No-Name-China-Importen – vor allem, wenn sie auch noch sporttauglich sein sollen. Hier zuletzt im Juli 2019 geschehen. Nun darf Sony mit den WI-SP500 nochmal zeigen, ob es den immer noch anhaftenden Walkman-Stallgeruch verdient.

Sony WI-SP500 – 30 Euro

Zunächst mal kurz zu den Specs: Bluetooth, NFC, IPX4 (Spritzwasserschutz, mehr dazu haben wir hier), Freisprecheinrichtung, laut Hersteller bis zu 8 Stunden Akkulaufzeit, 20 Hz–20.000 Hz, offene 13,5-mm-Treiber und gekauft bei Amazon in Schwarz für 30 Euro. Allerdings liegt der Kopfhörer in anderen Farben preislich bei 49 bis 54 Euro, und auch die schwarze Variante liegt häufig bei rund 50 Euro. Der nur zu Show-Zwecken existierende UVP hieft das Teil auf 89,90 Euro.

Das Design ist mit dieser „Stäbchenform“ und Nackenband eher eigenwillig – was Vor- und Nachteile hat. Das Half-in-Ear-Konzept weicht von den üblichen Vertretern ab: Auf einem völlig flachen Stöpsel in bester 80er-Jahre-Walkman-Manier sitz ein Gummipolster, das wiederum eine ähnliche Form hat wie übliche Half-in-Ears, aber etwas weiter ins Ohr reicht – ohne zum In-Ear zu mutieren.

Sony WI-SP500
Sonys Half-in-Ear-Ansatz im Vergleich mit dem Standarddesign.

Zum Transportieren gibt es eine kleine Plastikhalterung – sieht unspektakulär aus, wird bestimmt irgendwann verloren gehen, erfüllt aber ihren Zweck.

sony wi-sp500
Sony WI-SP500 in ihrer Minimaltransportlösung – für 30 Euro kaum schlagbar.

Passform, Bedienung, Sport

Im Gegensatz zu den üblichen In-Ears gibt es nur eine Größe in der Packung, hier heißt es „Friss oder stirb!“. Allerdings sind die Gummipolster extrem dünn und flexibel und dürften sehr häufig passen. Bei mir jedenfalls sitzen sie deutlich fester in den Ohren als beispielsweise die Standard-In-Ears, die sie ersetzen sollen. Erfreulicherweise bleiben sie dennoch bequem und drücken nicht, das dünne Gummi passt sich ziemlich gut an.

sony wi-sp500
Dünn, flexibel, rutschfest – eine erstaunlich gut funktionierende Stöpselvariante.

Die Stäbchen wirken auf den ersten Blick recht groß und wecken wenig Vertrauen, stören aber überhaupt nicht, das Gewicht ist nicht der Rede wert. Jedoch: Wer etwas längere Koteletten oder einen Bart hat, bekommt es unter Umständen mit Störgeräuschen zu tun, wenn die Haare bei viel Bewegung ständig leicht daran reiben. Sie haben aber auch einen gewaltigen Vorteil: Man bekommt die Stöpsel sehr gut ins Ohr, und zwar auch mit Handschuhen beim Fahrradfahren.

sony wi-sp500
Stäbchen: Bessere Handhabung, nicht bart- und windfreundlich.

Einen zweiten Vorteil gibt es bei der Bedienung: Der Knopf zum Starten, Stoppen, Ein-/Ausschalten und Annehmen von Anrufen befindet sich auf der Unterseite – auch hier ist die Bedienung selbst mit Handschuh kein Problem. Die beiden Knöpfe für Lauter/Leiser und Vor/Zurück sind leider sehr flach, bieten kaum Druckpunkt und profitieren so gar nicht von der Stäbchenform. Immerhin: Kurz drücken ändert die Lautstärke, lange drücken den aktuellen Titel. Bei den erwähnten No-Name-Kopfhörern war es umgekehrt. Und das führte leider ständig dazu, dass entweder die Lautstärke gleich um mehrere Stufen verändert oder aus Angst davor zu kurz gedrückt wurde, was den Titel änderte. Und das ist vor allem bei Hörbüchern bisweilen extrem ärgerlich, wenn man gerade auf dem Fahrrad sitzt.

sony wi-sp500
Die Knöpfe düften für die blinde Bedienung ausgeprägter sein.

Sporttauglichkeit ist auf jedenfall gegeben: Sie sitzen fest, lassen sich einfach bedienen und der IPX4-Schutz sorgt für Spritzwasser- und Schweißschutz. (Wie es bei starkem Dauerregen aussieht muss ich nachliefern.) Aber es gibt aber auch ein großes Aber: Beim Fahrradfahren erzeugen die Stäbchen erwartungsgemäß relativ laute Windgeräusche. Allerdings wiederum nicht so laut, wie es bei Sport-Kopfhörern mit diesen Haken rund um die Ohren der Fall ist. Wer sie vor allem für das Radeln nutzen möchte, sollte jedenfalls umgehend eine Testfahrt machen, um sie gegebenenfalls wieder zurückschicken zu können.

Natürlich sind die WI-SP500 auch kompatibel mit Sprachassistenten, ein Doppelklick auf den An-/Aus-Knopf ruft etwa den Google Assistant oder auch Amazon Alexa auf.

Klang

Es handelt sich wie erwähnt um offene Treiber, sprich Ihr hört Eure Umgebung – und in diesem Fall fast so als wäre gar nichts im Ohr. Das ist im Umfeld anderer Menschen, vor allem im Straßenverkehr, sehr gut. Andererseits bietet es klanglich natürlich nicht das intensive Erlebnis geschlossener Kopfhörer. Dennoch ist der Sound bei Umgebungsgeräuschen gut, Stimmen kommen klar und deutlich rüber und selbst der Bass darf sich tatsächlich so nennen.

Daheim, im Stillen, können die WI-SP500 mit vielen geschlossenen Geräten mithalten. Sie sind, wie mindestens nahezu alle Mobilkopfhörer, ein wenig basslastig, jedoch meilenweit entfernt von der großen Masse an regelrecht abartigen Bass-Monstern; die sich übrigens auch im Gaming-Bereich tummeln. Basslastig heißt hier auch nicht, dass der Bass übertrieben hochgezogen wird, es gibt zum Beispiel absolut kein Scheppern (was sich mit Dälek – Abandoned Language gut testen lässt). Der Bass bleibt angenehm weich, Mitten und Höhen stehen aber nicht so im Vordergrund, wie es bei sehr neutralen Hörern der Fall ist. An diesem Punkt gilt aber: Es ist ein wenig Geschmackssache. Wer bei der Stereoanlage ein wenig mehr Bass reindreht, Loudness oder sonstige Effekte nutzt, dürfte völlig zufrieden sein. Wer die Direkteinspeisung wählt und die Regler nur sehr mäßig einsetzt, wird sich mehr Neutralität wünschen. Ob sich diese bei irgendwelchen Bluetooth-Sport-Kopfhörern, noch dazu in diesem Preissegment, finden lässt, ist aber absolut fraglich.

Mitten und Höhen sind also nichtsdestoweniger gut und klar zu hören, bis hin zu leise angeschlagenen Becken in lauten Passagen. Bei der Dynamik muss man im direkten Vergleich mit einem guten, kabelgebundenen Hifi-Kopfhörer allerdings Abstriche machen, wie es zum Beispiel einige Passagen in Elect the Dead von Serj Tankian sehr deutlich gemacht haben.

sony wi-sp500
Ohne Gummi ein Design wie aus den 80ern – aber eine gute, stabile Basis für den Klang.

Unterm Strich bleibt aber der Eindruck, dass Musik hören mit den WI-SP500 durchaus Spaß macht. Mehr als mit manch einem 80-Euro-Gaming-Kopfhörer. Für Hörbücher sind sie allemal gut genug.

Mikrofon

Die WI-SP500 sind nicht bloß Kopfhörer, sondern dank Mikrofon ein echtes Headset – für Notfälle. Man kann damit durchaus telefonieren, Anrufe per Knopfdruck annehmen oder per Sprachsteuerung tätigen, aber die Qualität kann nicht mit echten Headsets oder dem bloßen Smartphone mithalten. Beim Testanruf bei Boris kam es in schlechter Radioqualität an. Aber es genügt, um beim Schwitzen mal eben ein paar Worte zu wechseln. Im Vordergrund steht aber die Verwendung beim Sport in der Öffentlichkeit.

Fazit

Der Anfang sah nicht gut aus: Die Bluethooth-Kopplung wollte partout nicht funktionieren – man muss das Smartphone erst berühren, damit die Bluetooth-Kopplung per NFC funktioniert. Steht bestimmt auch im Handbuch, aber wer liest das schon? Die Passform hat allerdings sofort überzeugt und das ist bei Sport-Kopfhörern essenziell. Umgebungsgeräusche werden fast ungehindert eingelassen wenn die Kopfhörer aus sind, ebenfalls perfekt. Der Sound ist immer noch ein wenig basslastig, aber erstaunlich ausgewogen. Bedienung und Handhabung sind, auch dank der Stäbchen, insbesondere mit Handschuhen ziemlich gut, auch wenn die Vor-/Zurück-Knöpfe größer und taktiler sein dürften.

Übrig bleiben als Kritikpunkte die Windgeräusche und die Bartproblematik – beide gelten freilich nicht für jeden. Und dann sind 30 Euro derzeit kaum schlagbar. Setzt man die 50 Euro der anderen Farben an, könnte man sich die JBL Tune205BT für 40 bis 55 Euro anschauen, die allerdings „nur“ die klassischen Half-in-Ear-Stöpsel bieten und keine IP-Schutzklasse. Dafür sind sie aerodynamischer und bartfreundlicher.

Warum sollten eigentlich die alten Kopfhörer ersetzt werden? Wegen eines typischen Half-in-Ear-Problems: Das kleine Gitterchen, das Schall hinaus lässt und Schmutz abweist, hat sich verabschiedet – Feuchtigkeit, Wärme, Bewegung, kein Wunder. Und auch bei den JBL gibt es entsprechende Berichte. Und dieses Problem dürfte bei den Sony nicht auftreten, der eigentliche „Lautsprecher“ ist massiv aus Kunststoff – und Überraschung, es gibt Ersatzteile. Sogar in unterschiedlichen Größen! Allerding ist der Shop nicht wirklich hübsch aufbereitet …

Sony WI-SP500
Gitterchen weg – ein typisches Problem bei typischen Half-in-Ears.

Weitere Artikel zu Kopfhörern.

Affiliate-Links: In diesem Artikel sind mehrere Affiliate-Links zu Amazon, sprich: Wenn Ihr dort kauft, bekommen wir Provision. Das hat keinerlei Einfluss auf etwaige Testergebnisse, alle Produkte wurden hier selbst gekauft. Ich erwähne das hier nochmal explizit, weil der Sony-Kopfhörer doch ziemlich gut weg kommt – meist mecker ich eher, da verzichte ich dann auf die Erklärung.

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Ooopsi!

Bitte deaktiviere Deinen Adblocker.