Akkuprobleme mit dem iPhone 6S und der elende Apple-Store

Ich bin ja ein großer Freund der Firma Apple und ihrer Produkte. Mir ist völlig egal, was andere sagen. Dass Android besser und Windows kompatibler wĂ€re. Dass die Apple-Hardware ĂŒberteuert und Apple seit geraumer Zeit ein QualitĂ€tsproblem habe. Dass die Innovationsfreude fehle und man die Endkunden aus den Augen verloren habe. Blabla. Wirklich nervig war fĂŒr mich deshalb nur, dass erstmals fĂŒr einen iPhone-Tausch wegen des lĂ€stigen Akkuproblems aktueller iPhones in den Apple-Store musste.

Das Problem: Das iPhone schaltet sich ohne Vorwarnung ab

Aber fangen wir von vorne an: Derzeit sind reihenweise iPhones von diesem Ausschalt-Bug betroffen. Nun: Ich hatte das Problem auch! Trotz scheinbar vollem, halbvollem, fastleeren Akku schaltete sich auch mein iPhone 6S plötzlich aus und ließ sich erst durch Anschluss eines Ladekabels wieder zum Leben erwecken. Bei Temperaturen um 7 Grad und einem Ladestand um 40 Prozent ging das Teil plötzlich aus. Nach einigen Minuten ließ es sich wieder einschalten, fiel aber, sobald ich die PIN eingab, wieder aus. Laut Apple waren anfangs nur wenige 6S-GerĂ€te bestimmter Seriennummern-Intervalle betroffen, inzwischen scheint es, dass das Update auf iOS 10.1.1 der Bösewicht sein könnte: Auch andere iPhone-Linien haben inzwischen dieses Problem. Wie ĂŒblich darf der Kunde auf eine Software-Nachbesserung seitens Apple etwas lĂ€nger warten. So weit, so der Stand der Dinge an diesem dritten Dezember 2016.

iphone-ausgetauscht
iPhone 6S: Nicht betroffen? Von wegen!

„Ihr GerĂ€t ist nicht betroffen“

Nun las ich also vergangene Woche von dem inzwischen von Apple ins Leben gerufenen Austauschprogramm fĂŒr iPhone-6S-Akkus. Von der Vermutung, dass ein Software-Problem vorliegen könnte, war noch nichts bekannt. Daher rief ich beim Apple-Support an und schilderte mein Problem. Der Dame mit seltsamen Akzent an der Hotline schien es bekannt, sie checkte die Seriennummer und sagte dann: „Ihr GerĂ€t ist nicht betroffen.“ Ha. Haha. Hahaha. Ist es nicht? Ob ich das GerĂ€t schon einmal zurĂŒckgesetzt hĂ€tte. NatĂŒrlich: Genau das ist meine erste Maßnahme bei jedem verdammten iPhone-Problem. Und genau deshalb bekam ich einen der heißbegehrten Termine an der Genius-Bar im Apple-Store.

Gott, wie ich den Apple-Store hasse.

Auf zum Apple-Store!

Eine Woche spĂ€ter – inzwischen schlugen die Meldungen ĂŒber iOS 10.1.1 als Ursache der Akkuprobleme auf – hatte ich dann den Termin in der Genius-Bar. Sagte ich schon, dass ich den Apple-Store hasse? Es ist diese kalifornische Gute-Laune-AttitĂŒde, gepaart mit elitĂ€rem Bessermenschen-Gehabe, die mich im Apple-Store jedes Mal zur Weißglut bringt. Flagshipstores, egal welcher Marke, sind sowieso der Inbegriff hochgestochener Manager-Masturbation. Apples GlaspalĂ€ste sind allerdings das Mordor aller Flagship-Stores: Die – wir sind schließlich in Deutschland – einem biologischen Plan folgend grundgenervten Mitarbeiter werden regelmĂ€ĂŸig in einer Art sektenhaften Brainwashing auf gute Laune getrimmt. Sobald man nur einen Fuß in die Bude setzt, wird man von irgendeinem Spinner mit falschem Grinsen angesprochen, ob man Hilfe benötige. NatĂŒrlich ist man direkt per Du, genau wie beim leider unvermeidbaren IKEA, was ich ja auch ĂŒberhaupt nicht leiden kann.
Verdammt: Ich bin eine deutsche Kartoffel, zutiefst in meiner kulturell anerzogenen, misanthropischen Unfreundlichkeit gefangen und finde das auch OK. Amerikanischer Premium-Service macht mir Angst. Ich will deshalb in LĂ€den nicht angequatscht werden, bis ich selbst jemanden Frage. Punkt. Das macht IKEA ĂŒbrigens deutlich besser als Apple: Hier verschwinden die wenigen Mitarbeiter wie Silberfische hinter Billy-Regalen, sobald man aussieht, als ob man eine Frage hĂ€tte. Recht so!

apple-store
Das Mordor unter den Flagship-Stores (Bild: Apple)

Wie ein Amt in einer Bananenrepublik

Nicht so im Apple-Store, in dem zum Zeitpunkt meines Besuchs eine AtmosphĂ€re wie in einer Amtsstube in irgendeiner Bananenrepublik herrschte: Schreiende Kinder, wĂŒtende Menschen und solche, denen die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben stand. Dazwischen zahlreiche grinsende Typen in roten Hemden, die einen Kunden nach dem anderen zur Genius-Bar durchlotsten. Es fehlten nur noch die Ziegen und die HĂŒhner. Bis zur Bar durfte ich nicht vordringen, stattdessen wurde ich mit vier anderen armen Usern an einen Tisch gesetzt, an dem ich dann 20 Minuten auf mein rotes Hemd, den Genius, warten durfte. In der Zwischenzeit tickte eine Frau an der Genius-Bar vollends aus. Ein Baby schrie. Zum GlĂŒck kam dann der Genius, nennen wir ihn „Kevin“, und setzte sich mit Handschlag und einem fetten „Du“ neben mich. Ich schilderte mein Problem, derweil untersuchte er möglichst unauffĂ€llig mein iPhone auf was-auch-immer. Dabei ließ er professionell freundlich durchblicken, dass ich ja wohl nicht alle Latten am Zaun hĂ€tte, ein Problem mit meinem iPhone zu haben. Ob ich – also Du – es schon zurĂŒckgesetzt hĂ€tte?
Och Kevin…

Die magische Verbindung

So zĂŒckte er sein iPad, verband sich auf magische Weise mit meinem iPhone und konnte dort Dinge auslesen, die ich als Normalnutzer nie zu Gesicht bekomme, darunter auch Fehlerberichte und eine Akkukurve, die einen massiven Spannungsabfall anzeigte. Ich muss an dieser Stelle erwĂ€hnen, dass ich das ein wenig beĂ€ngstigend finde: Ganz offensichtlich kann Apple problemlos Dinge von meinem GerĂ€t auslesen, die ich nicht auslesen kann. Per Cloud. Doppelt gruselig. Wer weiß, was diese iPhones noch alles aufzeichnen und in die Cloud jagen. Nachdem Kevin geklĂ€rt hatte, dass ich nicht im Austauschprogramm sei, aber Garantie habe, bot er mir einen Komplettaustausch des iPhones an. Und zwar als „eine gute und eine schlechte Nachricht“. Die schlechte: Das iPhone-AustauschgerĂ€t sei nicht auf Lager (ein Narr, wer böses dabei denkt) und normalerweise sei ja sowieso nur ein Akkutausch vorgesehen. Ich nahm an, fuhr nach der Benachrichtigung am nĂ€chsten Tag noch einmal zum Apple-Store und bekam mein neues iPhone 6S.

10.1.1 ist nicht gleich 10.1.1

Nun möchte ich an dieser Stelle nicht meckern: So schlimm der Apple-Store samt seiner Mitarbeiter ist, so gut ist die Tatsache, dass man im Idealfall direkt einen Akkuwechsel oder ein AustauschgerĂ€t bekommt. Andere Hersteller sind da deutlich weniger kulant und haben auch keine vergleichbaren Service-Points fĂŒr Normalnutzer. KĂŒrzlich hatte ich einen Defekt an einer Kamera und durfte nach dem Einschicken drei Wochen warten, bis mir ĂŒberhaupt eine Fehlerdiagnose samt Totalschaden-Kostenvoranschlag zugesandt wurde. Insofern kann man den Apple-Store an sich hassen, die Idee dahinter ist aber in Ordnung. Auch wenn ich da einfach nicht gerne hin gehe. Aber gut: Ich war zufrieden.

Doch es ging noch weiter: WĂ€hrend ich das neue iPhone im Rahmen der Einrichtung an den Rechner hĂ€ngte, bot mir iTunes ein Update auf iOS 10.1.1 an. Interessanterweise war aber bereits iOS 10.1.1 installiert. Also gibt es offensichtlich eine zweite Revision des Updates, die aber an mein altes iPhone komischerweise nicht ausgeliefert wurde. Ich habe das Update boshafterweise mal installiert, um zu schauen, was passiert. Auch das ist jetzt der Status Quo an diesem dritten Dezember: Das Update ist drauf, im Außeneinsatz habe ich das AustauschgerĂ€t aber noch nicht getestet.

Akkuprobleme am iPhone 6S: Eine mögliche Lösung

Was ich hingegen getestet habe, war das ZurĂŒcksetzen des GerĂ€ts per iTunes vor einigen Tagen am alten GerĂ€t: Man steckt das iPhone dafĂŒr an den Rechner, startet iTunes und wĂ€hlt „iPhone wiederherstellen“. Der Rest geht automatisch. Anschließend spielte ich das iCloud-Backup wieder ein. Das Akkuproblem war, soweit ich das Beurteilen kann, anschließend verschwunden. Nur einmal schaltete es sich danach noch aus, das war allerdings bei einer PokĂ©mon-Go-Sitzung (ja, ich bin sĂŒchtig, ich mache das immer noch!) bei Minusgraden. Anders als sonst bei diesem Fehler ließ sich das GerĂ€t nach einigen Minuten in der Hosentasche, also durch AufwĂ€rmen, wieder in Betrieb nehmen – ganz ohne, dass dafĂŒr das Netzteil angeschlossen werden musste. Das ist im Grunde normales iPhone-Verhalten: Das Abschalten außerhalb der „WohlfĂŒhltemperatur“ von 0 – 35 Grad soll den empfindlichen Lithium-Ionen-Akku vor SchĂ€den schĂŒtzen. Ich habe es aber zur Sicherheit trotzdem austauschen lassen. Nichtsdestotrotz ist das vielleicht eine Lösung fĂŒr die Akkuprobleme beim iPhone 6S und mit iOS 10.1.1. – und erspart Euch im Zweifel den lĂ€stigen Gang in den furchtbaren und nicht selten viele Kilometer entfernten Apple-Store. Ich fĂŒr meinen Teil bin jetzt zufrieden – und mit Apple wieder versöhnt. Akkuprobleme wie bei meinem iPhone sind mir jedenfalls tausendmal lieber als die explodierenden Akkus mancher Android-Handys. Aber das ist eine andere Geschichte.

Update: Apple nimmt Stellung

Auf einer neuen Internetseite nimmt Apple jetzt Stellung zum Akkuproblem. Die in Englisch und Chinesisch verfasste Meldung besagt, dass die Probleme von fehlerhaften Akkus herrĂŒhren: Die seien zu lange der Luft ausgesetzt gewesen und alterten damit schneller. Betroffen seien ausschließlich GerĂ€te, die im September und Oktober 2016 gebaut wurden. Ob das auf mein iPhone zutraf, weiß ich nicht, mit Kaufdatum Januar 2016 ist es aber eher unwahrscheinlich. Von daher kann es durchaus sein, dass eine kleine Marge von asiatischen iPhone 6S mit fehlerhaften Akkus ausgeliefert wurde – das heftige, gleichzeitige Zutagetreten bei vielen Usern weltweit erklĂ€rt das allerdings nicht. Wenn Apple nicht ĂŒber einen langen Zeitraum defekte Akkus verbaut hat, dĂŒrften die Akkuprobleme eher eine Folge des seltsamen doppelten iOS 10.1.1-Updates sein. Daher nach wie vor mein Tipp: Setzt Euer GerĂ€t per iTunes zurĂŒck, um eine saubere, aktuelle iOS 10.1.1-Installation zu erhalten, und schaut, ob es danach wieder richtig funktioniert.

Christian Rentrop

Diplom-Journalist, Baujahr 1979. Erste Gehversuche 1986 am Schneider CPC. 1997 ging es online. Seither als Schreiberling in TotholzwĂ€ldern und auf digitalen Highways unterwegs. Öfter auch auf der Vespa oder mit dem Wohnwagen unterwegs. Seit 2020 Tochtervater, dementsprechend immer sehr froh ĂŒber eine kleine Kaffeespende.

2 Kommentare

  1. Ein sehr schöner Artikel, Christian! OH, sorry HERR RENTROP!!! Nein wirklich, sehr humorvoll geschrieben. Ihr Stil gefÀllt mir ausgesprochen gut. Kritik auf eine humorvolle Art!
    Mit freundlichen GrĂŒĂŸen Rolf Schaller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Empfohlene BeitrÀge

SchaltflĂ€che "ZurĂŒck zum Anfang"